Frankfurt a.M., Mainz (epd). Der Mainzer Kirchengeschichtler Ulrich Volp hat den am Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellten Fund der „Frankfurter Silberinschrift“ als eine Sensation bezeichnet. „Der Fund kann in seiner Bedeutung kaum überschätzt werden“, sagte der Experte für antikes Christentum am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Damit liege nicht nur das älteste bisher gefundene christliche Zeugnis nördlich der Alpen vor, für das es aus dem 3. Jahrhundert keine Parallele gebe. Der ausführliche Text der Inschrift gebe zudem inhaltlich viele Anregungen.
Die Stadt Frankfurt hatte den Grabfund einer 3,5 Zentimeter langen Silberkapsel präsentiert, in der sich eine 9,1 Zentimeter lange, aufgerollte Silberfolie befand. Nach einer computertomografischen Untersuchung konnte die Inschrift entziffert werden, ein Bekenntnis zu Jesus Christus. Aufgrund zweier Keramikgefäße in dem Grab datierten die Archäologen dieses auf die Zeit zwischen 230 und 270 nach Christus. Bisher habe es aus dem 3. Jahrhundert keinen archäologischen Beweis für das Christentum nördlich der Alpen gegeben.
Der Text auf Latein sei ungewöhnlich, erklärte Volp. Die christliche Literatur der Zeit sei in der Regel auf Griechisch geschrieben, auch im Westen des Römischen Reichs. Latein habe sich als Sprache christlicher Autoren erst einige Jahrzehnte später verbreitet. Überraschend sei auch, dass der Text ausgeprägte Formeln benutze, darunter Zitate aus der griechischen Übersetzung der hebräischen Bibel (Jes 6,3), der Heiligen Schrift der damaligen Christen, und dem Neuen Testament (Phil 2,10-11). Der Text rege Theologen dazu an, verstärkt zur Bedeutung von formelhaften Bekenntnistexten zu forschen.
Rituelle Texte verweisen nach den Worten den Kirchengeschichtlers auf eine „transzendente Realität“, ein „symbolisches Universum“. Im Glauben des Amulettträgers verschafften sie einen Zugang zu dieser anderen Welt. Ein ritueller Text habe verschiedene Funktionen, führte Volp aus. Er könne als ein Bekenntnis verstanden werden, das durch das Leben trägt, und er könne die Funktion haben, mit einer Gemeinschaft zu verbinden und sich von anderen abzugrenzen. Der Text könne zudem eine Unheil abwehrende, magische Funktion haben oder auch als Silberschmuck Prestige ausdrücken.
Der Nachweis, dass es Mitte des 3. Jahrhunderts Christen am Rand des Römischen Reichs am Main gab, sei vor allem für die Archäologie eine Sensation. Für Kirchengeschichtler bestätige der Fund die Annahme, dass das Christentum sich im 3. Jahrhundert trotz zeitweiliger Staatsverfolgungen entlang der Handelswege im Reich verbreitete.