Berlin, München (epd). Mit einer bundesweiten Umfrage zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen nimmt in München beim Deutschen Jugendinstitut in München (DJI) eine neue Forschungsstelle ihre Arbeit auf. Hauptaufgabe der Stelle seien regelmäßige Befragungen unter Jugendlichen zu Ausmaß und Häufigkeit sexueller Gewalt und anderen Gewaltformen, erklärte die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, am Mittwoch in Berlin. Sie sprach von einem Meilenstein der Forschung. Das Projekt ist zunächst bis Oktober 2027 befristet.
Seit mehr als zehn Jahren werde kritisiert, dass es in Deutschland keine wissenschaftlich verlässlichen Zahlen zum Ausmaß sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen sowie den Tatkontexten gebe, sagte Claus. „Diese brisante Wissenslücke wird nun geschlossen werden.“ Die Erkenntnisse und Daten des Zentrums würden „ein evidenzbasiertes und zielgerichtetes Handeln der Politik ermöglichen“.
DJI-Direktorin Sabine Walper sagte, mit einer empirischen Bestandsaufnahme zur Verbreitung sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen wolle man zunächst prüfen, „wo wir stehen und welche Verbesserungen künftig nötig sind“. Die Trend-Daten eines längerfristigen Monitorings würden zeigen, wie erfolgreich die bisherigen gesellschaftlichen Anstrengungen zur Prävention sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen waren.
Die bundesweite Umfrage ist als sogenannte „Dunkelfeldbefragung“ an Schulen geplant. Dort soll es Aufklärungs- und Informationsangebote zum Themenfeld geben, sowie Hilfe- und Unterstützungsangebote für die befragten Schülerinnen und Schüler, die Eltern sowie für schulische Fachkräfte.
Das beim DJI angesiedelte Forschungszentrum setzt den Angaben nach auf ein umfassendes Partizipationskonzept, das verschiedene Perspektiven berücksichtigt. Jugendliche, Erwachsene, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuelle Gewalt erlebt haben, sowie Vertreter aus Wissenschaft und Fachpraxis sollen in die Planung der Studie und die Interpretation der Ergebnisse eingebunden werden. Hierfür werden drei eigenständige Gremien eingerichtet.
Mit der Konzeption der Umfrage beauftragte das DJI Professor Andreas Jud, Epidemiologe im Kinderschutz am Universitätsklinikum Ulm. Die vertiefenden Analysen der Befragungsergebnisse übernehmen Forschende des DJI.