Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erneut für die Einführung einer sozialen Pflichtzeit geworben und die gesellschaftliche Bedeutung eines solchen Vorhabens betont. „Eine soziale Pflichtzeit könnte dazu beitragen, dass wir uns - mindestens einmal im Leben - für einen Zeitraum Menschen widmen, mit denen wir im Alltag sonst wenig zu tun haben“, sagte er am Dienstag bei einer Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin.
Steinmeier warnte vor den Gefahren, die eine zunehmend individualisierte Gesellschaft mit sich bringe. Wenn soziale Bindungen verloren gingen und Menschen sich in ihre „Blasen“ zurückzögen, drohten Mitgefühl und Verständnis füreinander zu schwinden. „Unsere liberale Demokratie lebt von individueller Freiheit, aber sie braucht auch gesellschaftliche Bindungen“, betonte er.
Zwar bleibe das Ehrenamt weiterhin das Rückgrat der Gesellschaft, aber die Ehrenämter verteilten sich aufgrund der alternden Gesellschaft auf immer weniger Schultern, gab Steinmeier zu bedenken. Viele junge Menschen engagieren sich demnach auch, aber viele von ihnen tun das lieber „projektbezogen und punktuell“ als in den auf Dauer angelegten Organisationen, den klassischen Vereinen und Verbänden.
Steinmeier sieht in der Pflichtzeit eine Chance, den Gemeinsinn zu stärken und Menschen dazu zu ermutigen, über den eigenen Tellerrand zu schauen. „Mithelfen und Mitgestalten sollten Normalität für alle sein“, forderte er. Darüber hinaus ist der Bundespräsident sicher, dass Menschen, die sich engagieren, neue prägende Erfahrungen machen sowie neue Perspektiven, Orientierung und auch Freundschaften fürs Leben gewinnen.
Bundespräsident Steinmeier hatte 2022 einen sozialen Pflichtdienst für junge Menschen vorgeschlagen. Damit stieß er auf ein geteiltes Echo. So lehnen die Wohlfahrtsverbände das Vorhaben ab. In Deutschland leisten nach Angaben des Bundesfamilienministeriums jährlich etwa 90.000 Menschen einen Freiwilligendienst, wie beispielsweise das Freiwillige Soziale Jahr.