Port-au-Prince, Mexiko-Stadt (epd). Kinder und Frauen in Haiti werden laut Hilfsorganisationen zunehmend und gezielt Opfer der Bandengewalt in Haiti. Minderjährige würden in großer Zahl von den bewaffneten Banden rekrutiert, erklärte das UN-Kinderhilfswerk Unicef am Sonntag (Ortszeit). Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtete von Tausenden Verbrechen sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen und fehlendem Schutz für die Opfer.
Die Zahl der Kinder, die in Haiti von bewaffneten Banden rekrutiert wurden, stieg nach jüngsten Unicef-Schätzungen innerhalb eines Jahres um 70 Prozent. Derzeit seien bis zur Hälfte aller Mitglieder in den Banden minderjährig. Absolute Zahlen zu den Bandenmitgliedschaften nannte Unicef nicht. Unicef-Exekutivdirektorin Catherine Russell sagte, Chaos und Schrecken seien Teil des täglichen Lebens geworden. Kinder seien Grausamkeiten ausgesetzt, „die kein Kind jemals erleben sollte und die psychologische und emotionale Narben hinterlassen, die sie möglicherweise ein Leben lang verfolgen werden“.
Angaben des UN-Menschenrechtsbüros zufolge leben allein in der Hauptstadt Port-au-Prince 1,2 Millionen Minderjährige unter der ständigen Bedrohung durch Gewalt. Im laufenden Jahr seien wegen der Bandengewalt im gesamten Land bereits rund 4.000 Menschen ums Leben gekommen.
Die kriminellen Banden verübten auch zunehmend Verbrechen sexualisierter Gewalt, erklärte Human Rights Watch am Montag. Zwischen Januar und Oktober hätten fast 4.000 Mädchen und Frauen solche Angriffe gemeldet, darunter Gruppenvergewaltigungen. Viele Opfer meldeten die Verbrechen aber aus Angst gar nicht.
Recht und Ordnung seien derart zusammengebrochen, dass die Täter keinerlei Konsequenzen fürchteten, wenn sie Frauen und Mädchen vergewaltigten, beklagte die Konfliktexpertin Nathalye Cotrino. Die Gewaltopfer fänden häufig keine oder zu spät Hilfe, selbst wenn sie schwanger würden oder mit HIV infiziert worden seien, erklärte Human Rights Watch unter Bezug auf Aussagen von Hilfsorganisationen und Opfern.