Kassel (epd). Erwachsene Kinder müssen für die mögliche Zahlung von Elternunterhalt ab einem sechsstelligen Jahresverdienst nicht umfassend Auskunft über Einkommen und Vermögen geben. Sozialhilfeträger dürfen nur bei „hinreichenden Anhaltspunkten“ über ein entsprechendes Einkommen die potenziell unterhaltspflichtigen Kinder danach fragen, nicht aber nach ihrem Vermögen, stellte das Bundessozialgericht in einem am Donnerstag verkündeten Urteil klar. (AZ: B 8 SO 5/23 R)
Seit 2020 sind Kinder nur noch dann zum Elternunterhalt verpflichtet, wenn sie abzüglich ihrer Werbungskosten mehr als 100.000 Euro im Jahr verdienen. Bei einem geringeren Verdienst kommen die Sozialhilfeträger für noch offene Pflegeheimkosten auf.
Im konkreten Fall ging es um einen in einem Pflegeheim lebenden mittellosen Rentner 3. Wegen seiner niedrigen Rente beantragte der Bruder des Mannes als gesetzlicher Betreuer die Übernahme der Heimpflegekosten durch die Sozialhilfe.
Der Landrat des Landkreises Neuwied als Sozialhilfeträger vermutete, dass der Sohn des Rentners über ausreichendes Einkommen und Vermögen verfügt. Hierzu stellte die Behörde fest, dass der Sohn in einer teuren Gegend in Köln wohnt und als Chief Technology Manager in einem IT-Unternehmen arbeitet. Wegen dieser „hinreichenden Anhaltspunkte“ sollte er eine umfassende Auskunft über sein Einkommen und Vermögen sowie Angaben zu Familienmitgliedern machen.
Der Sohn hielt die Auskunft für zu weitgehend und klagte. Das Bundessozialgericht gab ihm recht. Gebe es hinreichende Anhaltspunkte für ein Einkommen über 100.000 Euro, dürfe die Behörde nur nach dem Einkommen fragen. Doch sei der Kläger auch nach seinem Vermögen gefragt worden. Das habe der Gesetzgeber so nicht vorgesehen.
„Hinreichende Anhaltspunkte“ über ein hohes Einkommen dürften auch in öffentlich zugänglichen Internetquellen recherchiert werden. Für den Auskunftsanspruch reiche es dann aus, dass eine "gewisse Wahrscheinlichkeit über entsprechende Einkommensverhältnisse bestehen.