Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, erklärte zur US-Wahl: "Nach der Berichterstattung der letzten Wochen war dieser Wahlausgang zu befürchten. Trump ist es offenbar gelungen, unabhängig vom Urteil über seine Person Zustimmung für eine national orientierte Politik zu gewinnen. Erschreckend ist, dass ihm dies mit falschen Behauptungen sowie diskriminierenden und extremen Äußerungen gelungen ist. Es bleibt zu hoffen, dass er im Amt die demokratischen Grundprinzipien aufrechterhält und dass diese umgekehrt ihn in die Verantwortung nehmen für die in der amerikanischen Verfassung verankerten Menschenrechte."
Nach Jungs Auffassung ist nun Europa gefragt, "gemeinsam klar und unmissverständlich für eine an der Menschenwürde und den Menschenrechten Politik einzustehen. In der Orientierung an den Menschenrechten und der Menschenwürde, die auch im christlichen Menschenbild verankert ist, wissen wir uns unserer amerikanischen Partnerkirche, der United Church of Christ (UCC) verbunden, die sich immer wieder gegen jede Form von Diskriminierung und Rassismus stellt."
Die Direktorin der Akademie für Politische Bildung Tutzing, Ursula Münch, befürchtet nach dem Wahlsieg Donald Trumps in den USA Auswirkungen auf den nächsten Bundestagswahlkampf. Dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Donnerstag) sagte die Politikwissenschaftlerin: "Auch die politische Auseinandersetzung in Deutschland wird sich auf mehr Lügen und Lügner einstellen müssen."
"Das Thema Demokratie ist den Leuten zu abstrakt"
Nach Münchs Ansicht hat eine falsche Wahlkampfstrategie von Kamala Harris zur Niederlage der Demokraten bei der US-Präsidentschaftswahl beigetragen. Daraus müssten auch deutsche Parteien lernen. Harris und ihr Team hätten ständig die Gefahr von Trump für die Demokratie betont. Doch bei Wählern, "die den Extremisten wohl gesonnen sind, kommen diese Argumente nicht an", sagte Münch: "Die nehmen die Aufgaben der Politik anders wahr, und es ist ihnen letztendlich auch egal, ob Minderheitenrechte verletzt werden oder nicht."
Harris habe nicht punkten können, "weil das Thema Inflation die Leute viel mehr beschäftigt als das Thema Demokratieerhalt oder der Umgang mit dem Supreme Court oder mit was auch immer", sagte Münch. "Das ist alles viel zu abstrakt. Auch die Demokratie ist den Leuten zu abstrakt. Der Geldbeutel, der eigene Geldbeutel ist das nächste." Die "staatstragenden Parteien" müssten "den Menschen zumindest einen Teil ihrer Sorgen nehmen und ihnen sehr viel stärker das Gefühl geben, dass auch sie nicht nur daher schwätzen und die anderen, die nicht staatstragend sind, verunglimpfen können". Man müsse eben auch ordentlich regieren.
Forscher: Trump-Sieg befeuert hierzulande Populismus
Die Übernahme rechtspopulistischer Wahlkampf-Rhethorik durch gemäßigte Parteien ist nach Ansicht des Soziologen Alexander Langenkamp keine erfolgversprechende Gegenstrategie. "Wenn die CDU zum Beispiel sehr stark die Rhetorik der AfD übernimmt, gewinnt sie keine Wähler von der AfD zurück", sagte der Populismus-Forscher dem Evangelischen Pressedienst. Der Sieg Donald Trumps bei der US-Wahl könnte gemäßigte Parteien hierzulande allerdings vermehrt dazu verleiten, rechtspopulistische Narrative zu übernehmen.
Er sei überrascht, wie deutlich Trump die Wahl gewonnen habe, sagte der Soziologe. Der Republikaner setzte sich am Dienstag mit einem deutlichen Vorsprung gegen seine demokratische Mitbewerberin Kamala Harris durch. "Man muss man einfach sagen, die Masse der Amerikaner hat Donald Trump gewählt", hob Langenkamp hervor. Für Trumps Sieg könne man auch nicht das US-amerikanische Wahlsystem verantwortlich machen.
Gleichwohl müsse man feststellen, dass der gesamte US-Wahlkampf vom Populismus durchdrungen gewesen sei. Wissenschaftlich gemeint sei eine Weltanschauung, die die Welt in zwei Hälften spalte. Auf der einen Seite werde ein angeblich homogenes Volk identifiziert und auf der anderen Seite eine Elite, die es zu bekämpfen gelte, erklärte der 32-Jährige. "Das war sehr prominent von Anfang an sowohl bei den Republikanern, wie auch bei Donald Trump."
Letztlich seien neben dem rechtspopulistisch geführten Wahlkampf Trumps viele Faktoren, etwa ökonomischer und kultureller Natur, sowie die gespaltene Medienlandschaft für das Wahlergebnis mitverantwortlich. "Aber ja, auch Menschen einer ethnischen Minderheit lassen sich nicht unbedingt von rassistischen Sprüchen abhalten, diesen Menschen zu wählen" resümierte Langenkamp. Fest stehe für den Soziologen in jedem Fall, dass die nächsten vier Jahre in den USA turbulent und chaotisch werden könnten.