Berlin (epd). Der Bundestag hat nach wochenlangem Ringen das Sicherheitspaket der Bundesregierung verabschiedet. Komplett in Kraft treten wird es aber vorerst nicht: Der Bundesrat ließ einen Teil der Gesetzesänderungen direkt im Anschluss am Freitag durchfallen. Die Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden wurde von der Länderkammer abgelehnt. Nun könnten Bundestag oder Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anrufen.
Mit der Mehrheit der Stimmen der Koalition beschloss der Bundestag alle Teile des Sicherheitspakets, das eine Ausweitung von Messerverboten, die Erlaubnis zur Auswertung biometrischer Daten und eine Verschärfung des Aufenthalts- und Asylgesetzes vorsieht. Das Paket ist eine Reaktion auf den islamistisch motivierten Messeranschlag in Solingen am 23. August, bei dem drei Menschen getötet und acht verletzt wurden. Der mutmaßliche Täter ist ein Asylbewerber aus Syrien, der in einen anderen EU-Staat hätte abgeschoben werden können. Die Debatte über Sicherheitsmaßnahmen wurde deswegen von einer hitzigen Diskussion über die Flüchtlingspolitik überlagert.
Das Gesetz der Ampel-Koalition sieht vor, dass Asylbewerber, die nach der Dublin-Regelung in einen anderen europäischen Staat überstellt werden könnten, keine Sozialleistungen mehr bekommen sollen. Ist die Überstellung „tatsächlich oder rechtlich“ nicht möglich, soll es keinen Leistungsausschluss geben. Das gilt zum Beispiel, wenn der andere EU-Staat der Überstellung nicht zustimmt. Nach der Dublin-Regelung ist in der Regel der Staat für die Aufnahme zuständig, über den ein Schutzsuchender in die EU gekommen ist.
Dieser Teil des Sicherheitsverbots sowie die Ausweitung von Messerverboten wurden noch am Freitag vom Bundesrat gebilligt und können in Kraft treten. Das entsprechende Gesetz war nicht zustimmungspflichtig in der Länderkammer. Der Zustimmung des Bundesrats bedurft hätte aber das Gesetz zur Terrorismusbekämpfung, das Bundeskriminalamt und Bundespolizei den biometrischen Datenabgleich erlaubt hätte. Dafür gab es von Länderseite nicht die notwendige Mehrheit. Scheitert ein Gesetz im Bundesrat, können Regierung oder Parlament den Vermittlungsausschuss anrufen, um einen Kompromiss zu verhandeln.
Das Sicherheitspaket der Ampel-Koalition ist in vielen Punkten umstritten. Im Bundestag kritisierten Teile der Opposition vor allem die in ihren Augen unzureichenden Maßnahmen zur Begrenzung der Migration. CDU und CSU forderten wiederholt, Schutzsuchende an den deutschen Grenzen zurückzuweisen, was europarechtlich umstritten ist. Einen Änderungsantrag der Union zum Gesetzentwurf der Ampel, der Zurückweisungen auch von Flüchtlingen ausdrücklich im Asylgesetz festschreiben sollte, lehnte das Parlament am Freitag mehrheitlich ab. Auch ein weiterer Entschließungsantrag mit Forderungen etwa nach einem Stopp von Aufnahmeprogrammen und dem Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten wurde vom Bundestag nicht angenommen.
Die Abgeordneten absolvierten nach der Debatte zum Sicherheitspaket im Bundestag einen gut zweistündigen Abstimmungsmarathon, bei dem allein in neun namentlichen Abstimmungen die Voten zu Gesetzentwürfen, Änderungsanträgen und Entschließungsanträgen der Oppositionsfraktionen abgegeben werden. Die erste namentliche Abstimmung brauchte dabei zwei Anläufe: Das erste Mal wurde für ungültig erklärt, weil sich in der Wahlurne ungültige Stimmkarten befanden.