Bonhoeffer-Familie beklagt Vereinnahmung des Theologen durch Rechte

Bonhoeffer-Familie beklagt Vereinnahmung des Theologen durch Rechte

Berlin (epd). Die Familie des NS-Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) kritisiert eine missbräuchliche Vereinnahmung des Theologen durch rechtsextreme Anhänger des US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. „Mit Entsetzen verfolgen wir, wie das Vermächtnis von Dietrich Bonhoeffer zunehmend von rechtsextremen Antidemokraten, Fremdenfeinden und religiösen Hetzern verfälscht und missbraucht wird“, heißt es in einem offenen Brief, aus dem die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag) zitieren. Der Appell ist laut Bericht von 86 der 100 erwachsenen Nachkommen von Bonhoeffers Geschwistern unterzeichnet.

„Als direkte Nachfahren der sieben Geschwister des Theologen und von den Nazis hingerichteten Widerstandskämpfers können wir aufgrund der Familienüberlieferung bezeugen: Er war ein friedliebender, freiheitlich gesinnter Menschenfreund“, heißt es laut den Funke-Zeitungen in dem Brief. Niemals hätte er sich in der Nähe rechtsextremer, gewalttätiger Bewegungen gesehen, die heute versuchten, ihn zu vereinnahmen. „Im Gegenteil, er hätte genau diese Haltungen kritisiert.“

Deutsche und amerikanische Theologen hatten bereits Mitte der Woche ebenfalls in einem offenen Brief gegen die Vereinnahmung des NS-Widerstandskämpfers protestiert. Christliche Nationalisten beriefen sich in der aufgeheizten Stimmung in den USA immer häufiger auf Bonhoeffer, heißt es in dem Theologen-Schreiben, das die „Zeit“ veröffentlichte. Sein Leben und Werk würden in diesem Milieu zunehmend dazu benutzt, politische Gewalt zu legitimieren.

Dietrich Bonhoeffer war ein deutscher evangelischer Theologe und Mitglied des militärischen und zivilen Widerstands gegen das NS-Regime. Als früher Gegner des Nationalsozialismus setzte er sich gegen die Verfolgung von Juden ein und war an den Attentatsplänen des 20. Juli 1944 gegen Adolf Hitler beteiligt. Bonhoeffer wurde schon 1943 verhaftet und 1945 wenige Tage vor Kriegsende im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Sein theologisches Werk umfasst akademische Schriften wie seine „Ethik“, aber auch Briefe und Gedichte über seine Haftzeit. Viele Menschen kennen sein Gedicht „Von guten Mächten“.