Verbot der Einstellung homosexueller Lehrkräfte verteidigt

Lehrer vor Tafel
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Für Einstellungen von Lehrer:innen gelten an konfessionellen Schulen besondere Regeln.
Christliche Privatschulen in NRW
Verbot der Einstellung homosexueller Lehrkräfte verteidigt
Ein Bericht auf der online-Plattform der Lippischen Landes-Zeitung hinterfragt die Gründe, warum christliche Privatschulen in Lippe keine homosexuellen Lehrkräfte einstellen. Peter Dück, der Geschäftsführer des Christlichen Schulvereins Lippe, der sieben August-Hermann-Francke-Schulen in Detmold, Lage und Lemgo betreibt, begründete das Einstellungsverbot in dem Artikel mit den Glaubensgrundsätzen der Evangelischen Allianz sowie den Ausnahmeregelungen für Bekenntnisschulen, festgehalten im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Es scheint aus der Zeit gefallen zu sein, wie Peter Dück in dem Artikel der Lippischen Landes-Zeitung (Artikel liegt der Redaktion von evangelisch.de vor) zitiert wird. Mit Sätzen wie: "Ein Veganer-Verein würde auch keinen Mitarbeiter einstellen, der Grillmeister ist und das Grillen liebt" oder "Genauso
wenig würden 'grüne' Unternehmen einen AfD-Politiker bei sich aufnehmen", verteidigt er dort die Tatsache, dass die sieben Schulen unter der Trägerschaft des Christlichen Schulvereins Lippe, an ihrem Verbot zur Einstellung von nicht-heterosexuellen Mitarbeitenden festhalten. 

Die Mitarbeitenden müssten sich zu den Glaubensgrundsätzen der Schule bekennen, sonst würden sie nicht eingestellt, sagt er laut Bericht. Und begründet es mit den Glaubensgrundsätzen der Evangelischen Allianz. Unter Berufung auf die Bibel seien Mann und Frau nach dem Bild Gottes geschaffen und die Ehe sei eine gute Stiftung Gottes. Dabei, so steht es in den Leitgedanken der Deutschen Evangelischen Allianz konkret, sei die eheliche Gemeinschaft eine lebenslange, exklusive und für Kinder offene "zwischen einem Mann und einer Frau". In Bezug auf die Homosexualität äußert sich die Erklärung ebenfalls deutlich: "Die in der Bibel beschriebene homosexuelle Praxis ist mit dem Willen Gottes und damit dem biblischen Ethos unvereinbar (3. Mose 18, 22; 20,13; Römer 1, 24 – 27; 1. Korinther 6, 9; 1. Timotheus 1, 10)."

Es passe einfach nicht, hier zu arbeiten und homosexuell zu sein, wird der Geschäftsführer weiter zitiert. Mit dieser Aussage beruft er sich zeitgleich auf den zweiten Grund, warum die christliche Privatschule an ihrem Einstellungsverbot festhalte. Und dieser fußt auf geltendem Recht in Deutschland. Denn der Paragraf 9 des AGG räumt konfessionellen Arbeitgebern eine beträchtliche Ausnahmeregelung ein.  Doch diese ist schon länger umstritten.

Ein im Jahr 2023 Grundlagenpapier, vorgelegt von der Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, zur Reform des AGG fordert, dass die kirchenrechtlichen Privilegien im AGG gestrichen werden sollten. Die sogenannte "Kirchenklausel" solle europarechtskonform gestaltet werden, steht in dem Papier. Bisher dürfen konfessionelle Arbeitgeber Bewerber:innen und Beschäftigte anhand der Konfession beziehungsweise Religion unterschiedlich behandeln, wenn das ihrem Selbstbestimmungsrecht entspricht. "Zudem erlaubt § 9 AGG kirchlichen Arbeitgebern, Vorgaben zur privaten Lebensführung zu machen. Hierzu zählt auch die sexuelle Orientierung. Solche weitgehenden Rechte gehören abgeschafft", lautet die Forderung der Bundesbeauftragten. 

Reform des AGG bisher nicht umgesetzt

Doch bisher wurde eine Reform des AGG nicht begonnen. "Das  Bundesjustizministerium teilt im Januar 2024 auf die Anfrage der Linken im Bundestag  mit, dass es für die im Koalitionsvertrag versprochene Reform des AGG  derzeit keinen konkreten Zeitplan für eine "etwaige Reform" gibt und inhaltliche Festlegungen noch nicht getroffen wurden", heißt es in einer Pressemitteilung vom 25. Januar 2024 des Antidiskriminierungsverbandes  Deutschland. 

Die sieben August-Hermann-Francke-Schulen in Detmold, Lage und Lemgo können ihre, aus Sicht des Portals queer.de diskriminierende Einstellungspraxis fortsetzen. Queer.de geht sogar noch einen Schritt weiter und hinterfragt in seinem Artikel vom 9. September 2024 warum Bekenntnisschulen, die hauptsächlich aus Steuergeldern finanziert würden, diese Art der Diskriminierung von queeren Menschen ungehindert fortsetzen dürfen. In NRW, so schreibt es queer.de, würden Privatschulen fast so viel Geld wie öffentliche Schulen erhalten, auch aus Steuergeldern queerer Menschen. Die Finanzierung von Schulen ist Ländersache. In NRW regelt das Privatschulrecht die Ausgestaltung der Schulen.

Die katholische Kirche hat ihr kirchliches Arbeitsrecht im Jahr 2022 bereits auf neue Füße gestellt und will damit künftig Vielfalt bei kirchlichen Beschäftigten wertschätzen und nicht mehr aufgrund von persönlicher Lebensführung diskriminieren. In der Evangelische Kirche Deutschlands ist dies bereits gelebte Praxis. 

Für eine persönliche Stellungnahme zu den Aussagen des Artikels war der Geschäftsführer Peter Dück für evangelisch.de nicht erreichbar. Auch wenn die Handlungsweisen von Privatschulen "rechtlich" tatsächlich begründet werden können, sind sie dennoch inzwischen für die meisten Christ:innen eine Diskriminierung von Menschen allein auf Grundlage ihrer geschlechtlichen Prägung und damit tatsächlich "aus der Zeit gefallen". Das empfindet auch Janet König, Verfasserin des Artikels und Redakteurin bei der Lippischen Landeszeitung, so.

In einem Kommentar, bezogen auf ihre Recherche, schreibt sie: "Dass es im Jahr 2024 völlig normal zu sein scheint, Kinder auf Schulen zu schicken, die andere Lebensentwürfe nicht akzeptieren und fachlich geeignete Lehrerinnen und Lehrer wegen ihrer Sexualität ausschließen, macht fassungslos. Noch unglaublicher ist es, dass solche Konzepte, wie sie der Christliche Schulverein Lippe hier in seinen Bekenntnisschulen dogmatisch praktiziert, vom Bund völlig selbstverständlich hingenommen und mit öffentlichen Geldern unterstützt werden – so will es die Verfassung."