Straßburg, Brüssel (epd). EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat dem Europäischen Parlament die neuen EU-Kommissare und deren Ressorts für die aktuelle Legislaturperiode vorgeschlagen. „Intensive Wochen der Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten“ seien dem Vorschlag vorausgegangen, sagte von der Leyen am Dienstag in Straßburg. Die Abgeordneten müssen die neue Kommission noch bestätigen.
Der designierte Kommissar für Inneres und Migration ist der aktuelle österreichische Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). „Er wird sich natürlich auf die Umsetzung des Paktes für Asyl und Migration konzentrieren, aber auch darauf, die Grenzen zu stärken und eine neue Strategie für die innere Sicherheit zu entwickeln“, sagte von der Leyen.
Zum ersten Mal soll es in der neuen EU-Kommission eine Kommissarin für das Mittelmeer geben. Auch dieses Amt soll laut früheren Angaben aus Kommissionskreisen einen Fokus auf Migration legen. Für den Posten ist die kroatische Politikerin Dubravka Suica vorgesehen. Sie werde zuständig sein für die erweiterte südliche Nachbarschaft der EU und die europäischen Interessen in der Region vertreten, erklärte von der Leyen.
Ein weiterer neu geschaffener Posten ist ein Kommissar für Wohnen. Dafür ist der dänische Sozialdemokrat Dan Jorgensen vorgesehen. Auch die Energiewende fällt in seinen Bereich. Die Entwicklungspolitik der EU soll künftig in der Hand von Jozef Síkela aus der Tschechischen Republik liegen.
Der aus Malta stammende Glenn Micallef ist mit 35 Jahren der jüngste Kandidat für das neue Kollegium. Er soll das Amt des Kommissars für Generationengerechtigkeit, Jugend, Kultur und Sport übernehmen.
EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra bleibt in seinem Amt, sein Zuständigkeitsbereich wird aber neu zugeschnitten und soll künftig Klima und sauberes Wachstum verknüpfen. „Um den Klimawandel zu bekämpfen und unsere Wirtschaft voranzubringen, müssen wir beides näher zusammenbringen“, erklärte Hoekstra am Dienstag auf der Plattform X. Den Green Deal soll künftig die Spanierin Teresa Ribera als Wettbewerbskommissarin betreuen.
Die Zusammensetzung der Kommission spiegele die politischen Herausforderungen der Zeit wider, erklärte von der Leyen. Bei der Zusammenstellung der letzten Kommission nach der Europawahl 2019 sei das Problem der Erderwärmung die absolute Priorität gewesen. „Das war der Grund, warum ich den European Green Deal gestartet habe“, sagte sie. „Das Thema ist noch immer dominant, verstehen Sie mich richtig, es ist noch immer die Kulisse vor all unserem Handeln“, dafür müsse man sich nur die Überschwemmungen und Brände der letzten Zeit ansehen. Dieses Mal hätten aber Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheitsfragen einen größeren Einfluss auf die Struktur der Kommission gehabt. „Sie reflektiert die Zeit, in der wir leben“, sagte die Kommissionspräsidentin.
Die Anhörungen der vorgeschlagenen Kommissare durch das EU-Parlament beginnen voraussichtlich im Oktober. In der Regel fällt mindestens ein Kandidat durch. Vorgesehen ist, dass die neue Kommission am 1. November ihr Amt antritt. Ob dieser Zeitplan einzuhalten ist, ist derzeit unklar.
„Wir werden die Kandidaten in den Anhörungen fachlich auf Herz und Nieren prüfen“, betonte der Europaabgeordnete Bernd Lange (SPD). Die Zustimmung durch das Parlament sei keine Selbstverständlichkeit. Er bemängelte, dass es von der Leyen nicht gelungen sei, ihr selbstgestecktes Ziel zu erreichen und die Kommission paritätisch mit Frauen und Männern zu besetzen.
Für die neue Kommission wurden die Ressorts neu zugeschnitten. Die Grünen kritisieren daraus resultierend unklare Zuständigkeiten bei Klima- und Umweltthemen bei den Kommissaren. „Der Green Deal ist bei Teresa Ribera in guten Händen und die Energiewende bei Dan Jorgensen auch. Ob das Kollegium mitzieht und welche Möglichkeiten diese Kommissare haben, ihre Ideen umzusetzen, ist unklar, weil es keine klare Teamstruktur gibt. Damit sind Chaos und Konflikte vorprogrammiert“, erklärte Michael Bloss, klima- und industriepolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament.