Düsseldorf (epd). In Nordrhein-Westfalen sollen staatliche Gesetze aus preußischer Zeit, die die Vermögensverwaltung kirchlicher Körperschaften regeln, zum 1. November aufgehoben werden. In einer Anhörung am Donnerstag im Hauptausschuss des NRW-Landtags in Düsseldorf bezeichneten Experten die aus dem Jahr 1924 stammenden Gesetze übereinstimmend als verfassungswidrig, weil sie gegen das im Grundgesetz verankerte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen verstießen.
Ein Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen, der die formal noch als Landesrecht geltenden preußischen Gesetze für nichtig erklärt, war im Mai in erster Lesung beraten worden. Die zweite Lesung und die Verabschiedung stehen noch aus.
Mit Blick auf die Evangelische Kirche im Rheinland und die Evangelische Kirche von Westfalen, deren Territorien einst auf preußischem Gebiet lagen, dürfte sich durch die beabsichtigte Aufhebung des „Staatsgesetzes betreffend die Kirchenverfassungen der evangelischen Landeskirchen vom 8. April 1924 (PrKVGS)“ wenig ändern. In der Anhörung verwies der Leiter des Evangelischen Büros Nordrhein-NRW, Martin Engels, darauf, dass die Synoden der evangelischen Landeskirchen bereits seit geraumer Zeit eigene kirchliche Regelungen zur Vermögensverwaltung geschaffen hätten.
In den fünf katholischen Bistümern gilt jedoch bislang formal das preußische „Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens“ (PrKVVG) vom 24. Juli 1924. Anders als in der evangelischen Kirche mussten die Diözesen Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn daher neue kirchliche Verwaltungsgesetze erarbeiten. Diese seien nahezu „wortlautidentisch“ und sollten zeitgleich mit der Aufhebung der Preußen-Gesetze am 1. November in Kraft treten, kündigte der Staatskirchenrechtler Burkhard Kämper vom Katholischen Büro NRW an. Dies sei notwendig, um Rechtsunsicherheit in den Kirchengemeinden und Gemeindeverbänden zu vermeiden.
In dem Gesetzentwurf heißt es, es widerspreche dem im Grundgesetz geregelten Verhältnis von Staat und Kirche, wenn die Vermögensverwaltung kirchlicher Körperschaften zumindest scheinbar durch staatliches Recht geregelt ist. Für die Landesregierung hatte Staatskanzleichef Nathanael Liminski (CDU) in der ersten Lesung erklärt, dass es sich bei der Aufhebung der alten Gesetze um einen Akt der Rechtsbereinigung handele. Da nach dem Grundgesetz jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten „selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ ordne und verwalte, seien die beiden Preußengesetze obsolet, so Liminski.
Dass die in den preußischen Staatsgesetzen von 1924 enthaltenen staatlichen Aufsichtsbefugnisse und Genehmigungsvorbehalte weitestgehend als verfassungswidrig und nichtig anzusehen sind, hatte auch ein Gutachten des Staatsrechtslehrers Markus Ogorek von der Universität Köln bestätigt. Dieses war von der Landesregierung in Auftrag gegeben worden. In einer Stellungnahme für die Anhörung am Donnerstag schloss sich der Münsteraner Verwaltungswissenschaftler Hinnerk Wißmann dieser Sichtweise an. Der Erlass eigener Verwaltungsgesetze durch die katholischen Bistümer sei Ausdruck der kirchlichen Selbstbestimmung.