Autorin Nasrin sieht wenig Hoffnung für Heimat Bangladesch

Autorin Nasrin sieht wenig Hoffnung für Heimat Bangladesch
05.09.2024
epd
epd-Gespräch: Antje Stiebitz

Neu-Delhi (epd). Die Übergangsregierung von Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus wird nach Einschätzung der Autorin und Aktivistin Taslima Nasrin kein neues Bangladesch aufbauen. „Yunus wird nichts verändern“, sagte die 62-Jährige im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zwar habe er sich Expertise von nichtstaatlichen Organisationen in sein Kabinett geholt. Aber besonders in Bezug auf das Zusammenleben der Religionen habe er seit seiner Vereidigung als Interimspremier am 8. August mehrere falsche Entscheidungen getroffen.

„Unter seiner Übergangsregierung wurden Sufi-Gräber zerstört und Dschihadisten aus dem Gefängnis entlassen“, kritisierte die Feministin, die wegen mehrerer Todesdrohungen in Indien im Exil lebt. Zudem habe er das Verbot der islamistischen Bewegung Hizb ut-Tahrir aufgehoben und zu spät reagiert, als ein muslimischer Mob Gottes- und Wohnhäuser der hinduistischen Minderheit zerstörte.

Es sei nicht klar ersichtlich, wer das Land überhaupt regiere, ob Yunus und seine Übergangsregierung, die Studenten, die mit ihren Protesten Premierministerin Sheik Hasina zum Rücktritt zwangen, die fundamentalistische Partei Jammaat-e-Islami oder die Terrorgruppe Hizb ut-Tahrir, kritisierte Nasrin. „In der Regierung sitzen einige gute Personen, aber die Macht haben andere. Ich habe Sorge, dass Bangladesch ein zweites Afghanistan wird.“

Die Bevölkerung sei vor allem wegen der Korruption der Regierung Hasinas frustriert gewesen, erläuterte die Ärztin. Auslöser für die wochenlangen Proteste war die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Anfang Juli, ein 2018 abgeschafftes Gesetz wiederzubeleben, das Angehörigen von Kämpfern des Unabhängigkeitskrieges 1971 gegen Pakistan 30 Prozent der Staatsjobs garantiert. Als Hasina brutal gegen die jungen Demonstrierenden vorging, eskalierte die Lage. Mindestens 440 Menschen wurden laut Amnesty International getötet, Tausende verletzt.

„Ich war zunächst auf der Seite der Studenten“, sagte Nasrin. „Doch dann zerstörten sie Symbole unseres Unabhängigkeitskampfes und ich wurde argwöhnisch. Inzwischen vermute ich, dass die Islamisten dahinterstecken.“

Skeptisch stimme sie auch, dass Yunus in Bezug auf den Wahltermin vage bleibe, sagte Nasrin. „Ursprünglich hieß es, dass nach drei Monaten Neuwahlen durchgeführt werden. Jetzt ist unklar, ob sie in drei oder gar in sechs Jahren stattfinden werden.“