Besserer Schutz für humanitäre Helfer gefordert

Besserer Schutz für humanitäre Helfer gefordert
So viele Tote wie noch nie
280 humanitäre Helferinnen und Helfer sind im vergangenen Jahr getötet worden. Besonders viele davon im Gaza-Streifen. Organisationen fordern mehr Schutz und eine Bestrafung der Verantwortlichen.

Frankfurt a.M. (epd). Organisationen weltweit haben die zunehmende Gefahr für humanitäre Helfer in Konfliktgebieten kritisiert. Nie zuvor seien so viele Beschäftigte von Hilfswerken im Einsatz getötet worden wie 2023, erklärten die Vereinten Nationen zum Tag der humanitären Hilfe am 19. August. Demnach starben im vergangenen Jahr 280 Helferinnen und Helfer, mehr als die Hälfte von ihnen im Gaza-Streifen.

413 Organisationen aus der ganzen Welt riefen Regierungen und Konfliktparteien in einem offenen Brief an die UN-Vollversammlung zu einem verstärkten Schutz derjenigen auf, die die Not von Bedürftigen zu lindern versuchen. Die brutal geführten Kämpfe in derzeit zahlreichen Konflikten weltweit hätten eine schreckliche Wahrheit offenbart, schrieben die Hilfswerke, darunter auch deutsche Organisationen wie die AWO, die Welthungerhilfe, German Doctors und der Verband Venro. „Wir leben in einer Zeit der Straflosigkeit.“

Angriffe, bei denen Zivilistinnen und Zivilisten einschließlich humanitärem und medizinischem Personal verletzt oder getötet werden, seien auf verheerende Weise alltäglich. Doch trotz weitverbreiteter Verurteilungen würden schwere Verstöße gegen Regeln viel zu selten bestraft. „Dieser Zustand ist beschämend und kann nicht beibehalten werden.“

Und auch im laufenden Jahr sei die Zahl der Toten, Verletzten, Inhaftierten und Verschleppten erschütternd, hieß es in dem Brief. Die allermeisten Opfer seien lokale Helferinnen und Helfer.

Von den 280 Beschäftigten von Hilfsorganisationen, die 2023 getötet wurden, stammten laut der Datenbank zur Sicherheit von Hilfspersonal (Aid Worker Security Database) 272 aus dem Land, in dem sie gearbeitet haben, 8 waren Ausländerinnen und Ausländer. In diesem Jahr starben demnach bereits 187 Helferinnen und Helfer im Einsatz, 174 lokale und 13 internationale. Die Angaben der Datenbank gehen bis 1997 zurück.

Besonders gefährlich ist die Lage derzeit im Gaza-Streifen. Seit Oktober 2023 wurden dort laut der Datenbank 284 Helferinnen und Helfer getötet. Die meisten von ihnen sind nach Angaben der Vereinten Nationen bei israelischen Luftangriffen gestorben und standen im Dienst des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA). Weitere Länder mit einem hohen Risiko für humanitäres Personal sind dem International Rescue Committee zufolge der Sudan, der Südsudan und Mali.

Die 413 Organisationen forderten in ihrem Brief Staaten und Konfliktparteien auf, die Angriffe auf die Zivilbevölkerung zu beenden und Maßnahmen zu ihrem Schutz sowie dem der von den Menschen benötigten Infrastruktur zu ergreifen. Zudem sollten sie alle Beschäftigten von Hilfsorganisationen schützen, auch lokale und nationale, und ihnen die Ausübung ihrer Tätigkeiten ermöglichen. Zugleich müssten Verantwortliche für Übergriffe belangt werden. „Diejenigen, die gegen das internationale humanitäre Recht verstoßen, können nicht straffrei bleiben.“

Der Verband entwicklungspolitischer Organisationen in Deutschland Venro kritisierte angesichts der vielen Kriege und Krisen einen Rückgang des Engagements der reichen Länder. Insbesondere die Bundesregierung plane, ihre humanitäre Hilfe gnadenlos zusammenzustreichen: um 1,2 Milliarden Euro auf nur noch eine Milliarde im Jahr 2025. Das sei eine unfassbare Zäsur, kritisierte Venro-Vorstandsmitglied Kayu Orellana. „So düster sah es für die ärmsten und verletzlichsten Menschen dieser Welt - solang ich mich erinnern kann - noch nie aus. Menschen sterben an Hunger und wir schauen zu.“