Bonn (epd). Der Politikwissenschaftler Stephan Klingebiel sieht eine von der FDP vorgeschlagene Auflösung des Bundesentwicklungsministeriums kritisch. Es sei zwar legitim, sich über die Steuerung der Entwicklungszusammenarbeit Gedanken zu machen, sagte Klingebiel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aber eine Eingliederung in das Auswärtige Amt werde diesem Politikfeld nicht gerecht.
Es sei nicht sinnvoll, die Entwicklungszusammenarbeit anderen außenpolitischen Interessen unterzuordnen, sagte der Leiter des Forschungsprogramms Inter- und transnationale Zusammenarbeit am außeruniversitären Idos-Institut in Bonn. Studien legten nahe, dass sich die Reputation und der Einfluss etwa Deutschlands in der Welt durch die Eigenständigkeit der Entwicklungspolitik verbessern können.
Der Politikwissenschaftler verwies auf Großbritannien, wo das Entwicklungsministerium 2020 unter dem ehemaligen Premierminister Boris Johnson mit dem Außenministerium zusammengelegt wurde. Das sei mit enormen Problemen einhergegangen und habe nicht zu einer effizienteren Politik geführt. „Großbritannien hat damit an Ansehen und Einflussmöglichkeiten verloren“, sagte Klingebiel. „Wenn man sich die internationalen Erfahrungen anschaut, spricht wenig für eine Zusammenlegung.“
Die Liberalen argumentieren unter anderem, dass keiner der EU- und G7-Staaten über ein eigenständiges Entwicklungsministerium verfügt. Laut Klingebiel wird mit solchen Vergleichen allerdings nicht berücksichtigt, dass es etwa in den USA mit USAID durchaus eine öffentliche Entwicklungsagentur mit einem starken politischen Mandat gibt. Ähnliches gelte für Frankreich mit der Agence Française de Développement.
Allerdings mahnte auch Klingebiel mehr Koordination bei der deutschen Auslandshilfe an. „Es wäre etwa sinnvoll, die humanitäre Hilfe wieder im Bundesentwicklungsministerium anzusiedeln“, sagte er. Die Nothilfe sei erst 2012 unter dem damaligen Außenminister Guido Westerwelle sowie Entwicklungsminister Dirk Niebel (beide FDP) im Auswärtigen Amt angesiedelt worden. Das sei „nicht die beste konzeptionelle Idee“ gewesen, sagte Klingebiel. Denn es gebe große Überschneidungen mit der Entwicklungszusammenarbeit.