Berlin, München (epd). Mit erheblichen Änderungen für Bürgergeld- und Wohngeldempfänger könnte der Staat erreichen, dass deutlich mehr Leistungsempfänger sich einen Job suchen oder ihre Wochenstundenzahl erhöhen. Das Münchner Ifo-Institut hat dazu am Donnerstag ein Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums vorgelegt. Die Forscher Andreas Peichl und Maximilian Blömer untersuchen darin die Wechselwirkungen zwischen Bürgergeld, Wohngeld und den Leistungen für Kinder und rechnen verschiedene Reformvorschläge durch.
Im bestehenden System der Sozialleistungen lohnt es sich für viele Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld beziehungsweise Wohngeld und dem Kinderzuschlag nicht, über ein Minimum hinaus hinzuzuverdienen. Durch anders gesetzte Anreize könne man eine Arbeitsaufnahme im Umfang von 144.000 Vollzeitstellen erzeugen, heißt es in der Studie. Abgeschafft werden müssten dafür die hohe Anrechnung vom Arbeitseinkommen bei Bürgergeldempfängern, die ab 520 Euro aufwärts pro Monat bei 70 bis 100 Prozent liegt. Die Forscher schlagen hingegen eine Anrechnung von höchstens 65 Prozent des verdienten Geldes vor.
Parallel dazu müsse das Wohngeld für diesen Einkommensbereich abgeschafft und die Bezuschussung des Wohnens über das Bürgergeld erfolgen. Im Effekt gäbe es dann zwar 1,6 Millionen Bürgergeld-Haushalte mehr, aber mit stärkerem Anreiz, selbst hinzuzuverdienen - und zugleich 1,8 Millionen Wohngeld-Empfänger weniger. Für den Staat könnten die Sozialleistungs-Ausgaben laut den Berechnungen insgesamt sinken.
Die Ampel-Koalition lässt damit bereits in einem zweiten Ifo-Gutachten prüfen, wie die Arbeitsanreize für Sozialleistungs-Empfangende erhöht werden können, um mehr Arbeitskräfte zu gewinnen. Vereinbart haben Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zwar, darüber zu beraten, wie dies umgesetzt werden kann, doch liegen keine Vorschläge vor.