Oswiecim, Frankfurt a.M. (epd). Zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) die Gesellschaft dazu aufgerufen, der Abwertung und Ausgrenzung von Minderheiten entgegenzutreten. „Es braucht einen Bewusstseinswandel in vielen Bereichen der Gesellschaft. Schluss mit der Suche nach Feindbildern!“, sagte Bas am Freitag im polnischen Oswiecim während einer Gedenkveranstaltung im ehemaligen NS-Konzentrationslager Auschwitz.
Das gesellschaftliche Bewusstsein für den Völkermord an den Sinti und Roma und die historische Verantwortung seien immer noch nicht selbstverständlich, betonte Bas. „Feindliche Einstellungen und Diskriminierungen gegenüber Sinti und Roma sind immer noch weit verbreitet.“ Sie würden bei der Wohnungssuche oder bei der Arbeitssuche benachteiligt, und auch der Staat werde seiner Verantwortung nicht immer gereicht. So misstrauten Beschäftigte in Verwaltungen Angehörigen der Minderheit, oder Sicherheitskräfte kontrollierten sie häufiger auch ohne Anlass, sagte Bas.
Bas nahm am zentralen Gedenken an die im Holocaust ermordeten Sinti und Roma in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau teil, gemeinsam mit weiteren Spitzen des deutschen Staates. Teil der Delegation waren auch die Präsidentin des Bundesrats Manuela Schwesig (SPD) und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Mit Bas reiste erstmals eine Bundestagspräsidentin oder ein Bundestagspräsident in das ehemalige NS-Vernichtungslager, in dem zwischen 1940 und 1945 Schätzungen zufolge 1,2 Millionen Menschen ermordet wurden, darunter 23.000 Sinti und Roma. Am 2. August vor 80 Jahren wurden die letzten noch lebenden Angehörigen der Minderheit in den Gaskammern ermordet. Seit 2015 ist dieser Tag der Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma.