Düsseldorf (epd). Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) plädiert in der Diskussion über die geringe Beschäftigungsquote ukrainischer Geflüchteter in Deutschland für mehr Voraussicht. „Wir können den Erfolg der Integration nicht allein an den Erwerbstätigenquoten messen“, sagte IAB-Forscherin Kseniia Gatskova der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Freitag). Deutschland verfolge im Gegensatz zu seinen europäischen Nachbarn eine Strategie der nachhaltigen Integration.
In Großbritannien etwa, das auf den temporären Aufenthalt der Geflüchteten setze, liege die Beschäftigungsquote zwar über 50 Prozent. Jedoch blieben die Menschen häufig deutlich unter ihrem Qualifikationsniveau, sagte Gatskova.
In Dänemark und den Niederlanden liege die Beschäftigungsquote ähnlich hoch. „In Dänemark arbeitet jedoch ein großer Teil der Geflüchteten als Reinigungskräfte, und in den Niederlanden sind es häufig Zeitarbeitsstellen“, erklärte die IAB-Expertin. In Deutschland hingegen hätten die Geflüchteten die Möglichkeit, zunächst die Sprache zu erlernen und ihre Qualifikationen anerkennen zu lassen, um dann eine möglichst qualifikationsadäquate Arbeit aufzunehmen.
70 Prozent der 1,2 Millionen seit Februar 2022 nach Deutschland geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer hätten einen Hochschul- oder Berufsabschluss, sagte Gatskova weiter. Forschungen zeigten, dass der Spracherwerb entscheidend für die Arbeitsaufnahme und eine nachhaltige Integration ist, da er zu höheren Einkommen und stabileren Karrieren führe. „Dies ist für Deutschland besonders relevant angesichts des Fachkräftemangels“, betonte sie. Derzeit liege hierzulande die Beschäftigungsquote ukrainischer Geflüchteter bei 27 Prozent, Tendenz steigend. Mehr als 90 Prozent der Geflüchteten wollten arbeiten, etwa 40 bis 50 Prozent dauerhaft in Deutschland bleiben.
Gatskova verwies auf Erfahrungen mit ukrainischen Flüchtlingen, die schon mit Beginn der Krim-Krise vor zehn Jahren nach Deutschland kamen. „Bei den Menschen liegt die Beschäftigungsquote acht Jahre nach dem Zuzug bei 68 Prozent.“ In Ländern mit einem kurzfristig orientierten Ansatz, wie Dänemark, lägen diese Quoten dagegen im Vergleichszeitraum nur zwischen 45 Prozent für Frauen und 55 Prozent für Männer.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg ist eine Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit.