Karlsruhe (epd). Der Komponist Wolfgang Rihm ist tot. Er erlag mit 72 Jahren in der Nacht zum Samstag in Ettlingen bei Karlsruhe einem Krebsleiden, wie die Familie dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigte. Rihm zählte zu den bedeutendsten deutschen Komponisten der Gegenwart. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) würdigte ihn als „eine wahre Institution der Musikwelt“.
Rihms Werkeverzeichnis umfasst rund 500 Kompositionen aus nahezu allen Gattungen der Vokal- und Instrumentalmusik. Zu seinen meistgespielten Stücken gehören die Opern „Jakob Lenz“ und „Die Eroberung von Mexico“, das Stück „Ernster Gesang“ sowie die Klangskulptur „IN-SCHRIFT“. Zur Eröffnung der Hamburger Elbphilharmonie 2017 komponierte er ein Triptychon. Ein erstes Werk, mit dem Rihm Aufmerksamkeit erzielte, war das 1974 bei den Donaueschinger Musiktagen aufgeführte Orchesterstück „Morphonie - Sektor IV“, für das er den Kompositionspreis der Stadt Stuttgart erhielt.
Der Künstler begann bereits mit elf Jahren zu komponieren. Mit dem Abitur legte er zugleich nach einem Kompositionsstudium bei Eugen Werner Velte sein Examen an der Staatlichen Hochschule für Musik in Karlsruhe ab. Es folgten Studien in Köln und Freiburg. 1985 wurde Rihm als Nachfolger seines Lehrers Velte Professor für Komposition an der Karlsruher Musikhochschule. Er übernahm zahlreiche Ehrenämter, darunter die Mitgliedschaft im Präsidium des Deutschen Komponistenverbands, im Präsidium des Deutschen Musikrats sowie im Aufsichtsrat der GEMA.
Rihm erhielt viele Auszeichnungen, so den „Ordre des Arts et des Lettres“ (2001), das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern (2014) und den Preis der Europäischen Kirchenmusik (2017). Im Jahr 2018 wurde sein Schaffen mit dem Preis der ökumenischen Stiftung Bibel und Kultur im Bereich Bibel und Komposition gewürdigt.
Kulturstaatsministerin Roth nannte den Verstorbenen einen „der bedeutendsten, produktivsten und meistgespielten Komponisten zeitgenössischer Musik, der in der Literatur ebenso beheimatet war wie in der Musik“. Er habe eine eigene Ästhetik entwickelt und über Jahrzehnte hinweg ein ebenso umfangreiches wie vielseitiges Œuvre geschaffen. „Seine Werke werden bleiben“, schrieb sie.
Astrid Koblanck, Vorstandsvorsitzende von Rihms Notenverlag „Universal Edition“, nannte den Komponisten eine „wichtige Schlüsselfigur“ für die gesamte zeitgenössische Musikwelt. Er habe bis zuletzt ein tiefes Interesse an seinen Mitmenschen gezeigt und sei sich stets der eigenen Vorbildwirkung sowie der kulturpolitischen Verantwortung bewusst gewesen.
Der Komponist war auch Musikwissenschaftler und Essayist. Seit acht Jahren litt er an Krebs. Die letzten sechs Wochen seines Lebens verbrachte er in einem Hospiz in Ettlingen bei Karlsruhe, bestätigte die Familie. Ein Termin für die Trauerfeier stehe noch nicht fest.