Segen auf dem Riesenrad des Wurstmarkts

Pfarrerin Diemut Meyer segnet
epd-bayern
Auf dem "Kleinen Pfälzer Kirchentag" im westpfälzischen Otterbach Ende Juni hatte Pfarrerin Diemut Meyer einen Regenbogenstand zum Segnen aufgebaut.
Segensbüro "Blessed Pfalz"
Segen auf dem Riesenrad des Wurstmarkts
Die Kirche muss zu den Menschen gehen, sagt Pfarrerin Diemut Meyer. Mit dem neuen "Segensbüro" der pfälzischen Kirche gastiert sie im September auch auf den "Wurstmarkt", dem größten Weinfest der Welt. Paaren spendet sie dort den göttlichen Segen.

Die Feuertaufe hat das neue "Segensbüro" der pfälzischen Landeskirche bereits hinter sich. "Die Leute standen Schlange", erzählt Pfarrerin Diemut Meyer sichtlich zufrieden. Auf dem "kleinen Pfälzer Kirchentag" im westpfälzischen Otterbach Ende Juni hatte sie ein Zelt aufgebaut. Dort kamen junge und ältere Menschen vorbei, um sich segnen zu lassen. "Kinder, Ehepaare, drei zwölfjährige Freunde, eine Mutter, die ihr Kind verloren hatte, eine Frau, die von ihrem Partner verlassen wurde", zählt Meyer auf. Drei Kolleginnen waren zusätzlich unterwegs und spendeten Passanten mobil den Segen. "Die Nachfrage der Menschen nach einem Ritual, das Gottes Liebe und Kraft zuspricht, ist groß", sagt Meyer.

Ziel von "Blessed Pfalz" im Speyerer Landeskirchenrat ist es, "die Menschen auf vielfältige Weise mit Ritualen und Segnungen durch ihr Leben zu begleiten", wie die frühere Bremer Kulturpastorin Meyer sagt. Es gehe darum, besonders auch Menschen zu erreichen, die mit der Kirche bisher keinen oder kaum Kontakt hatten. Bisher ist das "Segensbüro" eine "Ein-Frau-Einrichtung": Die 60-jährige Theologin Meyer organisiert in Kooperation mit Kirchengemeinden und Pfarrer:innen Trauungen, Taufen und Beerdigungen. Auch bietet sie Segenshandlungen zu anderen "Meilensteinen des Lebens" an, etwa Schwangerschaften oder Schulwechsel: Alles auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet und kostenlos, sagt die gebürtige Bochumerin. Wie andere evangelische Landeskirchen setzt die Pfälzer Kirche derzeit auf eine bessere Kommunikation mit ihren Mitgliedern.

"Niederschwellig" will sie diese vor Ort in ihren jeweiligen Lebenssituationen erreichen und auch über ihre Angebote informieren. Parallel zum "Segensbüro" läuft das Projekt "Philippus": Kirchenmitglieder erhalten per E-Mail oder Post persönliche Glückwünsche etwa zum Geburtstag, zur Trauung oder zur Geburt eines Kindes. Nun bereitet Pfarrerin Meyer die erste richtig große Sache für das "Segensbüro" vor. Auf dem "Wurstmarkt" in Bad Dürkheim - dem größten Weinfest der Welt - ist sie am 14. September mit zahlreichen Helfern mit dabei. 

Von 11 bis 22 Uhr können sich Paare dort den kirchlichen Segen abholen oder sich gar trauen lassen - in der Michaeliskapelle im Weinberg, auf dem Riesenrad, im Weindorf oder in den "Schubkarchständen" auf Holzbänken unter Zeltplanen. Zeitfenster von rund 20 Minuten sind dort für die Segnungen und Trauungen vorgesehen. 

Knapp 30 Paare haben sich bereits angemeldet, sagt Meyer stolz. 78 Segnungen seien an diesem Tag auf dem "Wurstmarkt" möglich. Für Livemusik, Dekoration und ein Glas Sekt ist gesorgt. "Die Kirche muss wie Jesus dort hingehen, wo die Menschen sind", sagt die Pfarrerin. Berührungsängste dürfe man nicht haben - auch nicht vor dem weinseligen Trubel. Zu den Zeremonien hätten sich etwa Paare angemeldet, für die der "Wurstmarkt" ein Lieblingsort sei, oder weil sie sich dort kennengelernt hätten. Weitere Traufeste sind im September in Ludwigshafen, Kusel, Vogelbach im Landkreis Kaiserslautern und in Lambsheim im Rhein-Pfalz-Kreis geplant.

Pfarrerin Meyer hält neue Segensformate jenseits der immer schlechter besuchten traditionellen Gottesdienste für nötig. Wichtig sei es, den Menschen die Zuversicht zu geben, dass sie in ihrem Leben von einer höheren, göttlichen Macht getragen werden. "Der Segen ist eine Stärkung", sagt Meyer. Diesen zuzusprechen, sei die "Kernkompetenz" der Kirche, die etwa mit freien Traurednern konkurriere. 

Die Leiterin des "Segensbüros" freut über Anrufe und E-Mails: "Ich nehme mir dann bei einem Treffen Zeit, höre zu und frage: 'Was liegt Dir auf der Seele?'" Dann legt sie zum Segnen die Hand auf, spricht auch ein Gebet - wie erstmals auf dem "kleinen Pfälzer Kirchentag": "Das löst etwas bei den Menschen, auch Tränen dürfen kommen", sagt Diemut Meyer. "Das ist sehr bewegend."