Augsburg (epd). Die Einführung einer Widerspruchslösung bei der Organspende hält der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, für verfassungswidrig. Grundsätzlich sei jeder medizinische Eingriff ohne Zustimmung des Betroffenen eine Körperverletzung, sagte Brysch der „Augsburger Allgemeinen“ (Montag). „Wer schweigt, stimmt nicht automatisch zu.“
In den Ländern Europas, in denen es deutlich mehr Organspender gebe als in Deutschland, hätten erst organisatorische und strukturelle Maßnahmen zu steigenden Organspende-Zahlen geführt, sagte Brysch. „Deshalb braucht es jetzt finanzielle Anreize für Krankenhäuser, ein effizientes Transplantations-Netzwerk, Bildungsprogramme und die Schulung von Koordinatoren im Umgang mit Angehörigen“, sagte der Patientenschützer.
Zudem sollten die Bundesländer unverzüglich dafür sorgen, dass die gesetzlich geforderte Anbindung der Pass- und Ausweisstellen an das Organspenderegister funktioniere. Dort hätten sich bis Ende Mai rund 120.000 Menschen als Organspender eintragen lassen.
Acht Bundesländer setzen sich für einen erneuten Anlauf zur Einführung einer Widerspruchsregelung bei der Organspende ein. Ein Anfang Juni im Bundesrat in Berlin erstmals diskutierter Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen sieht vor, dass zukünftig alle Menschen in Deutschland grundsätzlich als Organspender gelten, wenn sie dem nicht widersprechen. 2020 hatte sich der Bundestag gegen solch eine Regelung entschieden. Möglich ist, dass er sich aber in dieser Wahlperiode noch einmal mit dem Thema befasst.