Die documenta-Führung hatte sich über die Skulptur des Kunstprofessors und früheren Lehrers der Frankfurter Städelschule verärgert gezeigt. In der Turmspitze der Kirche St. Elisabeth steht die Figur eines Mannes mit ausgebreiteten Armen auf einer goldenen Kugel.
Die künstlerische Leiterin der Weltkunstausstellung, Carolyn Christov-Bakargiev, fühle sich von der Figur "bedroht", hatte documenta-Geschäftsführer Bernd Leifeld vergangene Woche erklärt. Die Figur, die zu einer Schau der katholischen Kirche mit insgesamt zehn Balkenhol-Skulpturen gehört, stelle einen Eingriff in die Freiheit der documenta dar, hieß es. Zudem widerspreche sie der Vorstellung von Kunst.
Der Direktor des Kirchbau-Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sagte der Mitarbeiterzeitschrift "blick in die kirche", der Konflikt, den die katholische Kirche derzeit mit der documenta-Leitung erlebe, sei mit den Protestanten bereits gelaufen. Diese hätten mit dem Gegenwartskünstler Gregor Schneider eine vergleichbare Aktion in der Kasseler Karlskirche geplant. Die Vorbereitungsgruppe, zu der auch er gehörte, habe aber den "Fehler gemacht, die documenta-Leitung vorher zu fragen". Als es dann zum Konflikt kam, habe die Kirchenleitung entschieden, auf die Kunstaktion zu verzichten.
Documenta lobt die evangelische Kirche für den Rückzug
Es sei absonderlich, dass das Konzept der documenta vorsehe, aus allen möglichen Perspektiven auf die Gegenwartskunst zu blicken, nur nicht aus der Perspektive der Religion, kritisierte Erne weiter. Dass die evangelische Kirche sich diese Ablehnung gefallen lasse, indem sie sich zurückziehe, sei vielleicht politisch klug, aber eigentlich bedauerlich.
Statt einer eigenen Begleitausstellung plane die evangelische Kirche nun ein Symposion "Das FEST (der LIEBE zur KUNST)", erläuterte Erne. In der Zeit vom 13. bis 15. Juli solle es dabei in Hofgeismar und Kassel um das mitunter schwierige Verhältnis von Kunst und Religion gehen. Veranstalter sind die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, die Evangelische Akademie Hofgeismar, die EKD, die Gesellschaft für Gegenwartskunst und Kirche "Artheon", das Institut für Kirchenbau sowie das Kulturbüro der EKD.
Documenta-Geschäftsführer Leifeld hatte die evangelische Kirche ausdrücklich dafür gelobt, dass sie sich zurückziehe auf das, "was sie wirklich kann". Dazu gehöre die Reflexion der Kunst, etwa durch Symposien oder Tagungen.