Berlin (epd). Die vier hungerstreikenden Klimaaktivisten im Berliner Regierungsviertel wollen ihren sogenannten absoluten Hungerstreik für eine Woche aussetzen. Das bedeutet, sie nehmen weiterhin keine feste Nahrung zu sich, sondern nur verdünnten Saft und Wasser. Damit wollten sie einen Schritt auf den Bundeskanzler zugehen und dem Vorwurf der Erpressung entgegentreten, erklärten die Aktivisten am Donnerstag in Berlin: „Wir wollen nicht weiter eskalieren.“ Aus dem Bundeskanzleramt erhoffen sie sich in dieser Zeit ein Gesprächsangebot. „Wir wollen damit zeigen, dass wir flexibel sind und keine Wahnsinnigen“, sagte der Klimaaktivist Richard Cluse, der seit 74 Tagen keine feste Nahrung mehr zu sich nimmt.
Alternativ könne Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die geforderte Regierungserklärung abgeben. Darin solle er eingestehen, dass der Fortbestand der menschlichen Zivilisation durch die Klimakatastrophe extrem gefährdet sei, dass es kein CO2-Restbudget mehr gebe und dass deshalb in der Klimapolitik sofort radikal umgesteuert werden müsse.
„Unser Ziel ist weiterhin, dass das in der Öffentlichkeit ausgesprochen wird“, sagte Wolfgang Metzeler-Kick. Mehr als 140 Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler hätten diese wissenschaftlichen Fakten bestätigt. Der Bundeskanzler müsse deshalb „Klartext“ reden und solle nicht weiter „herumscholzen“.
Der 49-jährige Ingenieur aus München befindet sich nach eigenen Angaben bereits seit 92 Tagen im Hungerstreik. Weitere Aktivisten hatten sich ihm seit dem 7. März nach und nach angeschlossen. Um bleibende Schäden zu verhindern, nehmen die Hungerstreikenden in der Regel täglich wenige Gramm Kohlenhydrate, Vitamine und Elektrolyte in Form von Säften und Brausetabletten zu sich.
Um den Druck auf den Kanzler zu erhöhen, verweigerten Metzeler-Kick und Mitstreiter Adrian Lack seit einer Woche die Einnahme dieser Zusätze. Ursprünglich wollten sie von diesem Donnerstag an dann auch auf Flüssigkeiten verzichten und in den sogenannten trockenen Hungerstreik übergehen.
Metzeler-Kick war allerdings am Montag nach einem Kreislaufkollaps vorübergehend ins Krankenhaus eingeliefert worden. Um ihn zu stabilisieren, werden ihm jetzt kontrolliert Nährstoffe zugeführt. „Wir wollen damit die absolute Lebensgefahr herausnehmen“, sagte der Klimaaktivist.
Angesichts der Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland hatte Scholz am Donnerstag in einer Regierungserklärung gesagt, „der menschengemachte Klimawandel ist die größte globale Herausforderung, vor der wir stehen“. Wenn solche extremen Wetterereignisse häufiger passierten, sei das „nicht mehr nur ein Unglück. Dann ist das ein Ergebnis des Klimawandels“.
Damit habe Scholz bei gutem Willen „in etwa“ eine der geforderten Erklärungen ausgesprochen, sagte Metzeler-Kick: „Aber das reicht nicht.“
Mitstreiter Richard Cluse sieht trotzdem in öffentlichen Äußerungen des Bundeskanzlers in den vergangenen Wochen positive Signale. Auf Fragen zu dem Hungerstreik reagiere Scholz „dünnhäutig“. „Wir werden wahrgenommen“, ist sich Cluse sicher. Sollte sich in den nächsten Tagen nichts bewegen, wollen die Klimaaktivisten ihren Hungerstreik in einer Woche fortsetzen.