Berlin (epd). Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat zur Teilnahme an der Europawahl am 9. Juni aufgerufen. „Ein geeintes Europa war kaum jemals wichtiger als heute. Wir werden als Demokratien nur dann bestehen, wenn wir es erhalten“, heißt es in einem Beitrag Schusters für die „Jüdische Allgemeine“ (Online). „Die EU ist dabei nur so stark, wie wir sie machen“, mahnt der Zentralratspräsident.
„Wir sollten die EU nicht über jede Kritik erheben, sondern ernsthaft an Verbesserungen der Institutionen und Verfahren arbeiten“, schreibt Schuster. „Wir spielen ansonsten den Populisten und Extremisten in die Karten, die Spaltung predigen.“ Man könne ein geeintes Europa als eine Stärke begreifen, die sich zum Beispiel in der politischen und militärischen Unterstützung der Ukraine zeigt.
Natürlich gebe es auch innerhalb einer Wertegemeinschaft Auseinandersetzungen, die manchmal an die Grenzen des Erträglichen reichten, räumte Schuster ein: „Doch es ist nicht die Zeit für Fatalismus.“ Er rief dazu auf, mit der Teilnahme an der Wahl die EU als Ort der Freiheit zu stärken.
Schuster äußerte sich allerdings enttäuscht, „wie sich einige Mitglieder der EU gegenüber Israel positionieren - dem einzigen Land, das im Nahen Osten genau diese demokratischen Werte hochhält, ja, sie mit dem Leben seiner Menschen verteidigt.“ Es sei „lästig“, dass die EU bisher nicht in der Lage sei, die iranischen Revolutionsgarden auf die Terrorliste zu setzen und sich damit unzweideutig gegen das Mullah-Regime in Teheran und für das iranische Volk einzusetzen.
Innerhalb der EU sei zudem die „große Errungenschaft der Religionsfreiheit in Gefahr, da einige Länder das Schächten unterbinden“, kritisierte der Zentralratspräsident: „Das alles bedrückt mich, und es bedrückt mich umso mehr, da dies in einem Umfeld passiert, in dem wir uns davor geschützt fühlen müssten.“
Der 1950 gegründete Zentralrat der Juden in Deutschland vereinigt unter seinem Dach 23 Landesverbände und 104 Jüdische Gemeinden mit nach eigenen Angaben rund 91.800 Mitgliedern (Stand 2021) und vertritt deren politische und gesellschaftliche Interessen.