Frankfurt a.M. (epd). Rund anderthalb Jahre nach dem Enttarnen der rechtsextremistischen Terrorgruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß stehen ab Dienstag die mutmaßlichen Rädelsführer in Frankfurt am Main vor Gericht. Den neun Beschuldigten werden nach Angaben des Oberlandesgerichts die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie die Planung eines gewaltsamen Angriffs auf das Reichstagsgebäude in Berlin vorgeworfen. Angeklagt werden neben Prinz Reuß auch die ehemalige Bundestagsabgeordnete der AfD und Berliner Ex-Richterin Birgit Malsack-Winkemann sowie ein ehemaliger Oberstleutnant der Bundeswehr.
Die Vorwürfe gegen insgesamt 26 Mitglieder der Gruppe werden in mehreren Verfahren verhandelt: Bereits seit Ende April müssen sich neun Angehörige ihres „militärischen Arms“ am Oberlandesgericht in Stuttgart verantworten. In München beginnt der Prozess gegen acht weitere Angeklagte am 18. Juni.
Den Angeklagten in Frankfurt wirft die Generalbundesanwaltschaft vor, einer 2021 gegründeten terroristischen Vereinigung anzugehören. Diese habe die Absicht gehabt, „die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, in der Grundform bereits ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen“. Die Angehörigen der Vereinigung verbinde eine „tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“.
Die Gruppe war im Dezember 2022 aufgeflogen. Damals durchsuchte die Polizei bei einer Razzia im „Reichsbürger“-Milieu etwa 150 Wohnungen. Die Angeklagten sollen laut Generalbundesanwalt für ihre Umsturzpläne rund eine halbe Million Euro eingesammelt und über ein „massives Waffenarsenal“ verfügt haben.
Der Rechtsextremismusexperte Miro Dittrich warnte vor einem Herunterspielen der Aktivitäten. Er finde das Verharmlosen der Anschlagspläne erschreckend, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es sei etwa von einer „Rollator-Gang“ gesprochen worden. In der Öffentlichkeit habe auch der zum Teil auf Außenstehende absurd wirkende Verschwörungsglauben im Fokus gestanden.
Natürlich sei es nicht realistisch, dass die Gruppe es geschafft hätte, die Demokratie abzuschaffen, wie es ihr Plan mit einem mutmaßlichen Anschlag auf den Reichstag in Berlin gewesen sei. „Aber es geht um eine konkrete rechtsterroristische Bedrohung. Hätte die Gruppe ihre Anschlagspläne in die Tat umsetzen können, hätte das sehr wahrscheinlich mehrere Menschen das Leben gekostet“, sagte der Senior Researcher am Berliner Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS).
Für den Prozess wurde in Frankfurt am Main eigens eine Leichtbauhalle als Außenstelle des Oberlandesgerichts am Stadtrand errichtet, da die innerstädtischen Justizgebäude in den nächsten Monaten saniert, um- und neu gebaut werden. Die Anklageschrift umfasst nach Angaben einer Gerichtssprecherin 617 Seiten, die Dokumente zu dem Prozess füllen derzeit 801 Aktenordner, für die eigens ein Raum geschaffen wurde. Für die Sicherheit während der bislang angesetzten 48 Verhandlungstage in der mit Stacheldraht umzäunten Halle sollen jeweils 40 bis 45 Wachtmeister sorgen.