Köln (epd). Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) fordert ein entschiedeneres Vorgehen der Justiz bei der Bedrohung von Politikerinnen und Politikern. „Wir sind viel zu lasch, viel zu luschig“, sagte Jung am Mittwoch im Deutschlandfunk. Er selbst habe in den vergangenen drei Jahren mehr als 50 Anzeigen wegen Bedrohungen an die Staatsanwaltschaft weitergegeben. In zwei Fällen sei es zu einer Verurteilung gekommen. Vielfach würden solche Vorfälle als Nachrede abgetan, die zu ertragen sei.
An Beleidigung und Stalking habe man sich fast gewöhnt, die Grenzen der freien Meinungsäußerung müssten neu markiert werden, forderte Jung, der Vizepräsident des Deutschen Städtetages ist. Als bei einer „Pegida“-Demonstration 2015 in Dresden ein Galgen für die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „durch die Gegend getragen wurde, hat man zum ersten Mal geschlafen“. „Da hätte man Eingreifen müssen“, sagte Jung. Ermittlungen in der Sache waren von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden.
In den vergangenen Tagen hatten sich Angriffe auf Politikerinnen und Politiker sowie Bedrohungen gehäuft. Die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) wurde am Dienstag in der Hauptstadt von einem Unbekannten attackiert und dabei leicht verletzt. Am vergangenen Freitag war in Dresden der SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke beim Anbringen von Wahlplakaten angegriffen und so schwer verletzt worden, dass er im Krankenhaus operiert werden musste.
Die Tat war Anlass für eine Sondersitzung der Innenminister am Dienstagabend. Die Ministerrunde verurteilte den Angriff auf Ecke und ähnliche Vorfälle in jüngster Zeit. Sie forderte zudem eine Überprüfung der Strafgesetze, um Angriffe auf politisch Aktive schärfer ahnden zu können