Berlin (epd). Rechtsextrem motivierte Straftaten haben in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Im Bereich „Politisch motivierte Kriminalität - rechts“ erfassten die Behörden 28.945 Delikte, im Vergleich zu 23.493 im Jahr davor, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Zuerst hatte die Berliner „taz“ (Freitag) darüber berichtet.
Einen Anstieg gab es demnach auch bei rechtsextremen Gewalttaten. Dort wurden für 2023 vorläufig 1.270 Delikte gezählt, im Vorjahr waren es 1.170 Gewalttaten. Die Gesamtzahl politisch motivierter Straftaten summierte sich den Daten zufolge 2023 auf mehr als 60.000, 2022 waren es knapp 59.000.
Nach Jahren des Anstiegs war das ein erneuter Rekord politisch motivierter Kriminalität. Rechtsextreme Straftaten machen dabei den größten Anteil aus, gefolgt von der Kategorie „nicht zuzuordnen“, die seit den radikalen Protesten gegen die Corona-Maßnahmen vor allem Straftaten subsummiert, die politisch motiviert, aber nicht dem klassischen Extremismusspektrum zuzurechnen sind. 16.678 Straftaten listet die Statistik in dem Bereich auf, deutlich weniger als im Jahr zuvor (24.080). Anstiege gab es derweil auch im Bereich linksextrem motivierter Straftaten und in der Kategorie „ausländische Ideologie“.
Die finale Statistik der politisch motivierten Kriminalität für das Jahr 2023 soll im Mai vorgestellt werden. Durch Nachmeldungen können sich die Zahlen, die nun in der Anfrage genannt wurden, nochmals erhöhen. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke), die die Daten anfragte, sprach von einem „verheerenden Ausmaß rechter Straftaten“.
Aus einer Sonderauswertung der Daten, die dem epd vorliegt, geht zudem hervor, dass sich die Zahl muslimfeindlicher Straftaten im vergangenen Jahr stark erhöht hat. Allein mehr als 500 Straftaten wurden im vierten Quartal 2023 gezählt, im Gesamtjahr 1.464. 2022 waren es 610 Straftaten.
So viele antimuslimische Straftaten seien seit den Anfragen der Linken 2017 noch nie registriert worden, sagte Pau dem epd. „Dass die Zahlen so hoch sind, ist auch dem sich immer weiter zuspitzenden rassistischen Diskurs geschuldet, der sich in den verantwortungslosen Forderungen nach Abschiebung und Abschottung jede Woche ums neue überschlägt“, sagte sie. Pau macht die Debatte um die Migrations- und Asylpolitik mitverantwortlich. Menschen anderen Glaubens oder anderer Herkunft würden „immer wieder unter Generalverdacht gestellt und alte Feindbilder befeuert“.
Die Daten des Bundesinnenministeriums zeigen zudem den drastischen Anstieg antisemitischer Straftaten im vergangenen Jahr, insbesondere seit den Terrorangriffen der Hamas am 7. Oktober 2023. Allein im vierten Quartal wurden demzufolge 2.782 judenfeindliche Straftaten registriert - mehr als im gesamten Jahr 2022, für das die Statistik 2.641 antisemitische Straftaten auswies. Im Gesamtjahr 2023 wurden damit den Angaben zufolge fast 5.200 Straftaten gezählt, die sich gegen Jüdinnen und Juden oder jüdische Einrichtungen in Deutschland richteten - doppelt so viele wie im Jahr zuvor.