Berlin (epd). Im wiedervereinigten Deutschland wurde noch nie so viel gearbeitet wie im Jahr 2023. Gleichzeitig ist die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Beschäftigten in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gesunken, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch in Berlin mitteilte.
Einer DIW-Studie zufolge arbeiteten die abhängig Beschäftigten 2023 rund 55 Milliarden Stunden, 1991 waren es noch 52 Milliarden. „Das Gesamtarbeitsvolumen ist vor allem gestiegen, weil immer mehr Frauen erwerbstätig sind“, sagte Studienautor Mattis Beckmannshagen. Allerdings sei fast die Hälfte der Frauen teilzeitbeschäftigt, obwohl einige gern mehr arbeiten würden.
Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist nach den Angaben zwischen 1991 und 2022 um 16 Prozentpunkte auf 73 Prozent gestiegen. Darin spiegelt sich der gesellschaftliche Wandel vom Einverdiener- zum Zweiverdienerhaushalt wider.
Nach der Studie ist der Anteil von Frauen, die ihre Arbeitszeit aufstocken wollen, höher als bei Männern. Bei Frauen steige die Unterbeschäftigung, wenn sie Kinder haben.
Die Politikempfehlungen der DIW-Forschenden lauten: „Um dem Fachkräftebedarf zu begegnen, sollten das Arbeitsmarktpotenzial von Frauen besser genutzt und Fehlanreize behoben werden.“ Reformen der Lohnsteuerklassen und des Ehegattensplittings könnten dazu beitragen, dass es sich für Zweitverdienerinnen mehr lohnt, ihre Arbeitszeit über die Minijob-Grenze von 538 Euro im Monat hinaus auszuweiten.
Um das Arbeitsangebot von Frauen zu erhöhen, bedürfe es aber auch einer gerechteren Aufgabenverteilung zwischen den Geschlechtern bei der Kinderbetreuung und im Haushalt. Die Politik könne diese Entwicklung mit zusätzlichen Kita-Plätzen und Elternzeitregelungen für Väter unterstützen.