Berlin (epd). Der Expertenvorschlag zur Legalisierung früher Schwangerschaftsabbrüche hat in Politik und Gesellschaft geteilte Meinungen hervorgerufen. Aus der Regierungspartei FDP kam Widerstand gegen eine mögliche Reform. Die derzeitige Regelung des Abtreibungsrechts sei Ergebnis einer langen gesellschaftlichen Diskussion, sagte die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Katrin Helling-Plahr, am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Den etablierten Kompromiss wieder aufzukündigen, lehnen wir aus diesen Gründen nach wie vor klar ab.“
Die Gießener Ärztin Kristina Hänel, die wegen des vor einigen Jahren noch gültigen Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche verurteilt worden war und dadurch bundesweit bekannt wurde, hält eine Gesetzesänderung hingegen für sinnvoll. „Für Schwangere und Mediziner würde ein Abbruch dann keine Straftat mehr darstellen“, sagte sie dem Nachrichtenportal „t-online“. Die Stigmatisierung fiele dadurch ein Stück weit weg, zudem sei ein Schwangerschaftsabbruch dann ein medizinischer Eingriff, der Kassenleistung wäre.
Zustimmung für den Vorschlag, frühe Abtreibungen außerhalb des Strafrechts zu regeln, kam auch von den Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD). Der Abtreibungsparagraf im Strafrecht sei keine „angemessene Lösung für die Verhinderung von Abtreibungen“, sagte die EFiD-Vorsitzende Angelika Weigt-Blätgen laut Mitteilung.
Die „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“, die für die Bundesregierung Möglichkeiten für eine Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafgesetzbuches prüfen sollte, empfiehlt in ihrem Abschlussbericht eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts. Zumindest Schwangerschaftsabbrüche in der frühen Phase sollen nach ihrer Auffassung erlaubt und nicht mehr im Strafrecht reguliert werden. Bislang regelt Paragraf 218 im Strafgesetzbuch, dass Abtreibungen grundsätzlich strafbar sind, aber bis zur zwölften Woche straffrei bleiben - nach verpflichtender vorheriger Beratung der Schwangeren.
Helling-Plahr sagte, es müsse die häufig unzureichende Versorgungslage ungewollt Schwangerer stärker in den Fokus genommen werden. „Die Anzahl der Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, hat sich in den vergangenen 20 Jahren nahezu halbiert“, sagte sie. Benötigt würden hierbei gesundheitspolitische Maßnahmen, „keine rechtspolitischen“.
Die Evangelischen Frauen betonten, ein kostenloser und barrierefreier Zugang zu Verhütungsmitteln sowie umfassende Beratungsdienste seien deutlich wirksamere Ansätze zur Verringerung von Schwangerschaftsabbrüchen. Zudem forderte der Verein eine gesetzliche Absicherung des Rechts auf qualitativ hochwertige, freiwillige, ergebnisoffene, kostenfreie und barrierearme Schwangerschaftsberatung sowie eine Regelung zur Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen.
Innerhalb der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) fällt das Echo auf die Expertinnen-Empfehlung geteilt aus. Als Verband stehe man hinter dem Selbstbestimmungsrecht jeder Frau. Zugleich trete man klar für den Schutz des ungeborenen Lebens ein, hieß es in einer Mitteilung von Montagabend.