Genf, Berlin (epd). Der seit einem Jahr währende Krieg im Sudan hat laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) täglich mehr als 20.000 Menschen in die Flucht getrieben. Mehr als die Hälfte davon seien Kinder und Jugendliche, heißt es in einem am Montag in Genf veröffentlichten Bericht.
Insgesamt seien bereits 8,6 Millionen Menschen von den Kämpfen vertrieben worden, viele von ihnen hätten mehrfach vor der Gewalt fliehen müssen. „Der Sudan ist tragischerweise auf dem besten Weg, sich zu einer der größten humanitären Krisen der letzten Jahrzehnte zu entwickeln“, erklärte IOM-Generalsekretärin Amy Pope.
Im Sudan war am 15. April 2023 ein Konflikt zwischen der Armee und der paramilitärischen RSF-Miliz eskaliert. Die Kämpfe haben eine humanitäre Katastrophe ausgelöst. Laut den Vereinten Nationen sind rund 25 Millionen Sudanesinnen und Sudanesen auf Unterstützung angewiesen, etwa die Hälfte der Bevölkerung. Die humanitäre Hilfe für das Land ist nur zu einem Bruchteil finanziert.
Mehr als sechs Millionen Sudanesinnen und Sudanesen sind innerhalb ihres Landes auf der Flucht, etwa zwei Millionen haben sich in Nachbarländer geflüchtet, vor allem in den Tschad, den Südsudan und nach Ägypten. „Millionen von Menschen sind vertrieben, hungern und sind der Ausbeutung und dem Missbrauch ausgesetzt, aber ihre Not wird von einem Großteil der Welt ignoriert“, beklagte Pope anlässlich einer Sudan-Konferenz am Montag in Paris. Sie rief die internationale Gemeinschaft zu mehr Hilfe und Einsatz für ein Ende der Gewalt auf.
Der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (Venro) forderte die Bundesregierung auf, ein deutliches Zeichen der Solidarität zu setzen. Millionen von Menschen stünden am Abgrund einer humanitären Katastrophe, erklärte der entwicklungspolitische Dachverband am Montag in Berlin. Der anhaltende militärische Konflikt habe zur weltweit größten internen Vertreibungskrise geführt. Mehr als ein Drittel der sudanesischen Bevölkerung sei von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. „In diesen kritischen Zeiten müssen wir unsere Anstrengungen verdoppeln, nicht reduzieren“, betonte Venro-Vorstand Kayu Orellana Mardones.
Es seien mehr Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft nötig, betonte auch die Diakonie Katastrophenhilfe. Im Nachbarland Tschad, wohin rund 600.000 Menschen aus dem Sudan geflohen sind, werde die Versorgung ebenfalls zunehmend schwieriger. Der Sudan und die Nachbarstaaten dürften nicht weiter aus dem Blickfeld geraten, erklärte Martin Keßler, der Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe. „Die Krise droht andernfalls zu einer der größten Hungerkrisen der Welt zu werden, an deren Ende eine Hungersnot steht.“
Das Leben, die Bildung und die Zukunft einer ganzen Generation sudanesischer Kinder stünden auf dem Spiel, warnte das UN-Kinderhilfswerk Unicef. Schätzungsweise vier Millionen Kinder unter fünf Jahren würden in diesem Jahr an akuter Mangelernährung leiden - 730.000 von ihnen an der lebensbedrohlichsten Form. Und mehr als 90 Prozent der 19 Millionen Schulkinder im Sudan hätten keinen Zugang zu formaler Bildung. „Wenn Kinder nicht lernen können, droht sich dies auf ihr gesamtes Leben sowie weitere Generationen auszuwirken“, betonte Unicef.