Die Rückkehr der verlorenen Piusbrüder

epd-bild/Katharina Ebel
Seminaristen der katholischen Pius-Bruderschaft in Zaitzkofen bei Regensburg.
Die Rückkehr der verlorenen Piusbrüder
Im Konflikt zwischen dem Vatikan und der traditionalistischen Pius-Bruderschaft bahnt sich eine Lösung an. Offenbar wollen die Piusbrüder in die Kirche zurückkehren und haben einen Vorschlag zur Einigung gemacht, über den die römische Glaubenskongregation berät. Doch nicht alle Piusbrüder gehen diesen Weg mit - unter ihnen gibt es mittlerweile Spaltungen.
15.05.2012
epd
Bettina Gabbe

Die traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X. hatte sich 1988 aus Protest gegen die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) von der katholischen Kirche abgespalten, indem sie ohne Billigung des Vatikans eigene Bischöfe weihte. Die Traditionalisten erkennen beispielsweise die Liturgie-Reform und die Öffnung für den Dialog mit anderen Kirchen und Religionen nicht an. Die vatikanische Glaubenskongregation hatte von der Pius-Bruderschaft die Anerkennung grundlegender Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils gefordert und Mitte März eine Frist für eine Antwort gesetzt.

Diese Antwort war Mitte April eingegangen, und an diesem Mittwoch wird die römische Glaubenskongregation über das Schreiben beraten. Nach der Zusammenkunft wird der Präfekt der zuständigen Kongregation, Kardinal William Levada, den Papst über die Empfehlung des Gremiums unterrichten. Benedikt XVI. muss danach entscheiden, ob es zur Wiedereingliederung der Piusbrüder in die katholische Kirche kommt.

Spaltung innerhalb der Piusbruderschaft

In ihrer Erklärung über grundlegende Glaubenslehren hat die Piusbruderschaft weitere Änderungswünsche in Rom angemeldet. Die Gewissheit, mit der deutsche Piusbrüder vor wenigen Wochen eine angeblich unmittelbar bevorstehende Einigung verkündet hatten, ist mittlerweile vorsichtiger Zurückhaltung gewichen.

Waren die Gespräche zwischen Vatikan und Piusbrüdern, die 2009 begonnen hatten, über lange Zeit von Diskretion geprägt, sind zuletzt interne Streitigkeiten an die Öffentlichkeit gedrungen. Vor allem sorgte für Befremden, dass eine Briefwechsel zwischen dem Generaloberen und seinen Mitbischöfen im Internet lanciert wurde.

Kurz vor der Entscheidung in Rom zeichnete sich ein Zerwürfnis in der Bruderschaft ab. Deren Gründer Marcel Lefebvre, hatte 1988 mit der Weihe von vier Bischöfen ohne päpstliche Genehmigung die Abspaltung von Rom besiegelt. Der heutige Generalobere der Piusbruderschaft, Bernard Fellay, betreibt die Rückkehr der Traditionalisten in die Gemeinschaft mit Rom. Doch die drei anderen Piusbischöfe, darunter der Holocaust-Leugner Richard Williamson, gehen auf Distanz zu diesem Kurs und drohen in einem Protestbrief mit einer Spaltung.

Sie sehen in dem Angebot aus Rom, das für die Gemeinschaft einen Sonderstatus als direkt dem Papst unterstellte Personalprälatur vorsieht, eine "Falle". "Eine Einigung mit dem heutigen Rom über die Lehre ist unmöglich", warnen sie. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil habe sich die Kirche "von der katholischen Wahrheit getrennt".

Vorwurf: Katholizismus sei "der modernen Welt untertan"

Bereits der Gründer der Bruderschaft habe erklärt, das Konzil sei mit seiner Anerkennung von Religionsfreiheit und Ökumene eine "absolute Perversion" gewesen. Benedikt und sein Vorgänger Johannes Paul II. hätten den Katholizismus zu einer Religion gemacht, "die der modernen Welt untertan ist". Die drei Traditionalistenbischöfe sehen im heutigen Papst einen Vertreter moderner Beliebigkeit, die Benedikt seinerseits der säkularisierten westlichen Welt vorwirft.

Mit einem Anflug von Ironie fragt Fellay in seiner Antwort auf das Protestschreiben, ob Benedikt für sie überhaupt noch das legitime Oberhaupt der katholischen Kirche sei. Der Verhandlungsführer wirft seinen Mitbischöfen mangelnden Realismus vor, da sie in der Kirche nur "Gefahren, Verschwörungen, Schwierigkeiten" wahrnähmen. In der Bruderschaft bestehe die Tendenz, im Konzil "Super-Häresien" und das "absolute Böse" zu sehen. Damit zeichneten sie jedoch eine "Karikatur" der Konzilsbeschlüsse.

Auch in der vatikanischen Kurie gibt es zum Aussöhnungsprozess mit den Traditionalisten zwiespältige Stimmen. Der ehemalige Präsident der päpstlichen Historikerkommission, Kardinal Walter Brandmüller, lobte die erhoffte Einigung mit den Piusbrüdern bereits als eines der wichtigsten Ergebnisse des Pontifikats von Benedikt XVI.. In Kurienkreisen wird allerdings auch darauf hingewiesen, dass eine Rückkehr der Bruderschaft in die katholische Kirche nicht ohne Bedingungen erfolgen kann: Konzilsbeschlüsse zu Religionsfreiheit und das Bekenntnis zum Dialog mit anderen Religionen und christlichen Konfessionen müssen anerkannt werden. Trotz aller kontroversen Interpretationen des Konzils dürfe es kein Zurück hinter dessen Reformbeschlüsse geben, wird argumentiert.