Genf, Amman (epd). Die Syrien-Direktorin des International Rescue Committee (IRC), Tanya Evans, hat vor einem Nachlassen der internationalen Hilfe für die Menschen in dem Kriegsland gewarnt. „Die Zivilisten zahlen den höchsten Preis für den seit 13 Jahren tobenden Konflikt in Syrien“, sagte Evans dem Evangelischen Pressedienst (epd) in der jordanischen Hauptstadt Amman.
Rund 16,5 Millionen Kinder, Frauen und Männer seien auf humanitäre Hilfslieferungen angewiesen. Das sei eine neue Höchstzahl an Bedürftigen. Der akute Mangel an Essen sei das größte Problem, sagte die Syrien-Direktorin. Die Wirtschaft des kriegsgeschüttelten und teilweise zertrümmerten Landes befinde sich im „freien Fall“. Rund 85 Prozent der Bevölkerung sei verschuldet, und die Menschen wüssten nicht, wie sie die Gelder zurückzahlen sollten.
Das verheerende Erdbeben von 2023 habe die Lage der Syrerinnen und Syrer weiter verschärft. Auch mache der Klimawandel den Menschen mehr und mehr zu schaffen. Lange Dürren erschwerte die landwirtschaftlichen Aktivitäten.
Gleichzeitig nehme die Bereitschaft internationaler Geber spürbar ab, die humanitäre Hilfe in Form von Lebensmittellieferungen oder medizinischer Betreuung zu finanzieren. Im vergangenen Jahr seien nur 40 Prozent der benötigten Gelder für die verschiedenen Hilfsorganisationen eingegangen. „Es besteht die Gefahr, dass es in diesem Jahr noch weniger wird“, warnte Evans.
Das International Rescue Committee, das nach einem Aufruf von Albert Einstein 1933 gegründet wurde, hilft Evans zufolge den Menschen im Nordwesten Syriens. Ein Empfänger der Unterstützung sei das größte Krankenhaus für Chirurgie in der Region. Die Hilfe gelangt laut der Landesdirektorin über die Türkei in das Gebiet, in dem Milizen herrschen.
Der 15. März 2011 gilt als Beginn des Syrien-Konflikts, als aufgebrachte Menschen gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad protestierten. Assad reagierte mit grausamer Härte. Zeitweise kämpften mehr als 100 verschiedene Rebellenmilizen und Terrorgruppen gegen die Assad-Truppen. Assad gewann mit Hilfe Russlands und des Irans die Kontrolle über große Teile des Landes zurück. Hunderttausende Menschen wurden getötet, weit mehr als zehn Millionen befinden sich auf der Flucht.