Münster (epd). Die AfD hat das Verfahren über ihre Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster auch am zweiten Verhandlungstag durch zahlreiche Anträge verzögert. Am Mittwochnachmittag kam noch immer keine Verhandlung über Inhalte zustande, auch ein Urteil war deshalb zunächst nicht absehbar. Über ihren Anwalt beantragte die Partei unter anderem einen Ausschluss der Öffentlichkeit und stellte zahlreiche Beweisanträge. Ein Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter wurde vom Senat am Nachmittag als „rechtsmissbräuchlich“ und vollkommen unberechtigt verworfen und abgelehnt.
Seit Dienstagmorgen befasste sich das Oberverwaltungsgericht mit der Frage, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die gesamte AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft hat (AZ: 5 A 1218/22). Zudem geht es um die Verdachtsfall-Einstufung des sogenannten „Flügels“ (AZ: 5 A 1216/22) und der Jugendorganisation „Junge Alternative“ (AZ: 5 A 1217/22). Im Jahr 2022 hatte das Verwaltungsgericht Köln diese Einstufung als rechtmäßig bestätigt. Die AfD ging gegen das Urteil in Berufung. Darüber verhandelt nun das Oberverwaltungsgericht.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln hatte im Jahr 2019 die „Junge Alternative für Deutschland“ als Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus eingestuft. Im April vergangenen Jahres teilte das BfV mit, dass die AfD-Jugendorganisation nach weiteren Erkenntnissen als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft werde. Die AfD und die „Junge Alternative“ erhoben gegen die Verdachtsfall-Entscheidung im Juni 2023 Klage.
Ein Anwalt der AfD kündigte in der Verhandlung am Mittwoch an, mehrere hundert Beweisanträge zu stellen. Dies sei nötig, weil der Termin vor dem Oberverwaltungsgericht die letzte Instanz sei, bei der der Sachverhalt inhaltlich geklärt werden könne. Nachdem der Vorsitzende Richter Gerald Buck erklärte, er lasse keine weiteren Beweisanträge mehr zu, stellte die AfD den Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter, der dann zurückgewiesen wurde.
Den wiederholten Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit lehnte das Gericht zuvor ebenfalls ab. Die AfD beantragte auch eine Unterbrechung der Sitzung von mindestens sechs Wochen. Eine Erklärung des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Verfahren habe neue Umstände ergeben, lautete die Begründung. Der BfV-Anwalt warf der AfD daraufhin erneut Prozessverschleppung vor. Dies wurde von den AfD-Anwälten wortreich zurückgewiesen.
Für die mündliche Verhandlung, die wegen großen Andrangs in der Halle des OVG stattfindet, waren zunächst zwei Tage bis Mittwoch angesetzt. Nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts wäre noch eine Revision möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden müsste. Dort würde das Urteil jedoch lediglich auf rechtliche Fehler geprüft.