Wiesbaden (epd). Von Anfeindungen haben 38 Prozent von 2.055 befragten haupt- und ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Landräten zwischen Mai und Oktober 2023 berichtet. Damit hat die Herbstbefragung des Bundeskriminalamts in Zusammenarbeit mit Städtetag, Landkreistag und Städte- und Gemeindebund im Rahmen des Projekts Motra die Höhe der Frühjahrsbefragung bestätigt, wie das Bundeskriminalamt in Wiesbaden am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteilte. Die Anfeindungen bestehen demnach zu 72 Prozent in verbalen oder schriftlichen Äußerungen, zu 26 Prozent in Hass-Äußerungen im Internet und zu zwei Prozent in tätlichen Übergriffen.
Konkret bestanden die Anfeindungen hauptsächlich in Beleidigungen, Verleumdungen, Bedrohungen und Diskriminierungen. Die Amtsträger nannten aber auch Fälle von Volksverhetzung, Nachstellung und Körperverletzung. Die Täter griffen offenbar ungeniert an, sie waren den Betroffenen in 78 Prozent der Fälle bekannt. Als Gründe vermuteten die Amtsträger zu 23 Prozent eine persönliche Unzufriedenheit der Bürger und zu 18 Prozent eine Unzufriedenheit mit kommunalen Entscheidungen. An dritter Stelle mit jeweils 14 Prozent wurden Intoleranz und Egoismus angenommen.
Extreme Haltungen spielten in der Einschätzung der Amtsträger eine geringere Rolle. Sieben Prozent der Angriffe seien vermutlich rechts motiviert, drei Prozent aus einer radikalen sozialen Bewegung stammend, zwei Prozent links motiviert und ein Prozent religiös motiviert. Die allermeisten Betroffenen (83 Prozent) gaben an, im Zuge der Anfeindungen psychische Folgen davonzutragen, wie Schlafprobleme, Abgeschlagenheit, Angst, auch körperliche Beschwerden. Zehn Prozent gaben an, bei einer Neuwahl nicht mehr antreten zu wollen, und neun Prozent erwogen, ihr Amt niederzulegen.
Die Befragung ergab ferner, dass Frauen und Männer gleichermaßen von Anfeindungen betroffen sind, aber Frauen stärker von Hass-Äußerungen im Internet. Familienangehörige weiblicher Amtspersonen würden häufiger angefeindet im Vergleich zu männlichen Amtspersonen. Amtsträger in den östlichen Bundesländern seien stärker betroffen als in den westlichen Bundesländern und jüngere Amtspersonen bis 40 Jahre seien stärker betroffen als ältere.