TV-Tipp: "Die Toten vom Bodensee: Die Messias"

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4. März, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Die Toten vom Bodensee: Die Messias"
Der 1737 verstorbene Italiener Antonio Stradivari war so etwas wie der Leonardo da Vinci des Geigenbaus. Die von ihm vor rund drei Jahrhunderten geschaffenen Instrumente sind mittlerweile derart kostbar, dass manche Menschen morden würden, um in ihren Besitz zu gelangen; und davon handelt die neue Episode der ZDF-Reihe "Die Toten vom Bodensee".

Anders als frühere Filme basiert das Drehbuch von Jeanet Pfitzer, Frank Koopmann und Roland Heep zwar nicht auf einer regionalen Sage, aber dafür auf einem Mythos: Angeblich handelt es sich bei der "die Messias" genannten Stradivari in einem englischen Museum um eine Fälschung. Die echte Violine ist irgendwann gestohlen worden und im Umweg über einen Hehler in Bregenz gelandet. Der neue Besitzer, ein wohlhabender Unternehmer,  hatte aber nicht lange Freude an seinem Diebesgut: Jemand hat ihn erdrosselt; die Geige ist verschwunden.

Dieser Teil der Geschichte ist schon mal originell und interessant, zumal Diebstähle von Kunst und historischen Instrumenten ein eher seltenes Krimisujet sind. Weitaus interessanter ist allerdings die clevere Verknüpfung des scheinbaren Raubmords mit der Vorgeschichte von Luisa Hoffmann (Alina Fritsch), der neuen österreichischen Kollegin von Micha Oberländer (Matthias Koeberlin). Der deutsche Kommissar ärgert sich regelmäßig über die Alleingänge der aus Wien an den Bodensee versetzten Inspektorin, die zudem seine Fragen nach ihrer Familie nur äußerst einsilbig beantwortet; das hatte er schon mal, das will er nicht noch mal. Nach und nach muss Hoffmann jedoch mit der Sprache rausrücken, denn es sich stellt sich raus, dass der aktuelle Mordfall unmittelbar mit ihrer Vergangenheit zusammenhängt. Nun wird auch klar, warum sie ihr Privatleben so rigoros abschirmt.

Zunächst entwickeln sich die Ermittlungen jedoch in eine ganz andere Richtung, denn anfangs verdächtigt das deutsch-österreichische Duo die Witwe (Adina Vetter): Ihm gehörte die Firma, aber sie hatte die Arbeit; nun darf sie auch die Früchte ernten. Doch dann entdeckt Hoffmann in der großzügigen Villa des Ehepaars einen Geheimraum mit Violinen in Glasvitrinen. Eine allerdings ist leer, und jetzt schließt sich der Kreis zu ihrem früheren Leben: Damals war sie als verdeckte Ermittlerin auf den Kopf eines internationalen Hehlerrings für Kunstwerke und Musikinstrumente angesetzt. Die professionelle Distanz ist dabei auf der Strecke geblieben, wie der Film schon früh durch romantisch verklärte Rückblenden andeutet. Ins Gefängnis musste Antonio Zübert (Luca Dimi?) trotzdem, doch nun hat er seine Haftstrafe verbüßt und sinnt offenbar auf Rache, zumal es da noch einen Menschen gibt, der die einst innige Verbindung zwischen der Polizistin und dem Gangster verkörpert. 

Fünf Jahre und elf Filme lang hat der Autor Timo Berndt die Reihe geprägt. Für das aktuelle Drehbuchtrio ist "Die Messias" bereits die fünfte Episode. Die Geschichten waren zwar durchwegs interessant, aber nicht zuletzt dank der Inszenierung sehenswert; Regisseur Michael Schneider, der fürs ZDF auch die herausragend guten "Laim"-Krimis mit Max Simonischek dreht, ist schon zum die zehnten Mal dabei. Die Bildgestaltung (diesmal Jo Molitoris) ist ebenso wie die Musik (Chris Bremus) erneut von großer Sorgfalt, das Ensemble macht seine Sache ausnahmslos gut. Von erheblicher Bedeutung war die Besetzung des Schurken: Der attraktive Luca Dimi? könnte problemlos auch in einem sonntägigen "Herzkino"-Drama des ZDF mitwirken. Das überraschend gewalthaltige Finale bildet einen heftigen Kontrast zu den romantischen Rückblenden und den freundlichen Momenten des Verbrechers mit Liv, Hoffmanns Tochter; die junge Viola Hornsmann spielt ebenfalls sehr gut. 

Dennoch macht vor allem das Drehbuch diesen neunzehnten Fall im Rahmen der Reihe zu einem besonderen Film. Allerdings erfreut auch die Umsetzung durch einige Details. Luisas Hoffmanns Tochter ist gehörlos, die Eltern verständigen sich mit dem Mädchen in Gebärdensprache. Alina Fritsch und Filmpartner Daniel Langbein müssen aber nicht wie sonst in solchen Fällen als Synchrondolmetscher in eigener Sache agieren; die Übersetzung der Gebärden wird wie Untertitel eingeblendet. In Erinnerung bleiben auch die Auftaktbilder vom einsamen Geiger auf der Uferpromenade. Es handelt sich, wie sich später zeigt, um den Dirigenten eines Bregenzer Orchesters. Auch er scheint Opfer eines Fluchs geworden zu sein, der angeblich auf dem Instrument lastet: Wer auf ihm spielen darf, erlebt einen Augenblick höchster Virtuosität; allerdings nicht lange.