Rom (epd). In einem Vorprozess gegen Crewmitglieder der „Iuventa“ und andere Seenotretterinnen und Seenotretter hat die Staatsanwaltschaft von Trapani überraschend die Einstellung des Verfahrens beantragt, wie die Crew der „Iuventa“ am Mittwoch mitteilte. Die Staatsanwaltschaft habe sieben Jahre nach Beginn der Ermittlungen unerwartet eingeräumt, dass es keine Grundlage für die Anklage gebe.
In dem Vorprozess geht es darum, ob es zu einer Hauptverhandlung kommt oder nicht. Den Angeklagten wird vorgeworfen, mit Schleppern zusammengearbeitet haben, die Migrantinnen und Migranten in meist seeuntauglichen Booten über das Mittelmeer nach Europa schleusen. In einem Hauptverfahren drohen den Angeklagten wegen „Beihilfe zur irregulären Einreise“ bis zu 20 Jahren Haft. Die Empfehlung der Staatsanwaltschaft ist für den Richter nicht bindend. Dessen Urteil wird in den kommenden Tagen erwartet.
Die Staatsanwaltschaft begründete laut Darstellung der „Iuventa“-Crew ihre Forderung nach einer Einstellung damit, dass die Hauptzeugen nicht glaubwürdig seien und es keine Grundlage für ein Fehlverhalten der Angeklagten gebe. Neue Beweise und Informationen, die in der Vorverhandlung zu Tage getreten seien, habe sie zur Änderung ihres Standpunktes veranlasst.
„Wir sind erfreut über den Sinneswandel der Staatsanwaltschaft“, sagte Anwältin Francesca Cancellaro. Sie kritisierte aber auch das Vorgehen der Behörde. „Eine Anklage sollte erst nach einer gründlichen Untersuchung und der Sammlung aller verfügbaren Beweise erhoben werden.“
Kathrin Schmidt, eine der Angeklagten, sprach von einem wichtigen Schritt zur Entkriminalisierung der Seenotrettung. Ihr Mitangeklagter Sascha Girke erklärte den Angaben zufolge, die „Iuventa“ hätte nie beschlagnahmt werden dürfen. Das Gericht in Trapani habe jetzt die Chance, „die tödlichen Auswirkungen dieser Kriminalisierung von Solidarität zu stoppen.“
Die „Iuventa“, das Schiff der Berliner Nichtregierungsorganisation „Jugend rettet“, war am 2. August 2017 von italienischen Behörden beschlagnahmt worden. Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Flüchtlingsrouten der Welt. Seit 2014 sind den Vereinten Nationen zufolge mehr als 29.000 Menschen bei der Überquerung ums Leben gekommen oder werden vermisst. Die Dunkelziffer könnte demnach deutlich höher liegen.