Missbrauch: Nordkirche will alle Akten an Staatsanwälte übergeben

Missbrauch: Nordkirche will alle Akten an Staatsanwälte übergeben

Schwerin, Schleswig (epd). Nach der Veröffentlichung einer Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie will die evangelische Nordkirche alle entsprechenden Akten an die schleswig-holsteinische Generalstaatsanwaltschaft übergeben. Das teilte die Landeskirche am Mittwoch mit. Die Nordkirche habe den Wissenschaftlern des ForuM-Forschungsverbundes für die Studie 58 Fälle sexuellen Missbrauchs gemeldet, sagte ein Kirchensprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd). In nur 14 der 58 Fälle sei Anzeige erstattet worden.

Die Nordkirche wurde nach eigenen Angaben von der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Schleswig-Holstein am 1. Februar schriftlich aufgefordert, mitzuteilen, ob Verdachtsfälle in den Abschlussbericht der ForuM-Studie eingeflossen sind, die sich in Schleswig-Holstein zugetragen haben. Die Staatsanwaltschaften seien im Rahmen des Legalitätsprinzips verpflichtet, allen ihnen bekannt gewordenen Hinweisen auf das Vorliegen einer Straftat nachzugehen, heißt es laut Nordkirche in dem Schreiben. Für die Prüfung etwaiger einschlägiger Fälle werde um Hergabe aller diesbezüglichen Unterlagen gebeten.

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt sagte, die unabhängigen Ermittlungen und Überprüfungen der an ForuM gemeldeten Fälle seitens der Generalstaatsanwaltschaft seien der Nordkirche „sehr willkommen, um das Vertrauen in unsere Kirche und unser entschiedenes Handeln gegen sexuellen Missbrauch wieder oder neu herzustellen“. Naheliegend sei, dass auch in den anderen Bundesländern ähnliche juristische Verfahren in Erwägung gezogen würden.

Ende Januar war die von der Evangelischen Kirche in Deutschland beauftragte Studie des unabhängigen Forschungsverbunds ForuM veröffentlicht worden. Sie zeigt Ausmaß und Risikofaktoren sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche. Die Wissenschaftler ermittelten mindestens 2.225 Betroffene und 1.259 Beschuldigte sexualisierter Gewalt. Sie gehen aber davon aus, dass die tatsächliche Zahl weit höher liegt, weil längst nicht alle relevanten Akten der Landeskirchen und diakonischen Landesverbände eingesehen wurden.