Berlin (epd). Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will in diesem Jahr die im Koalitionsvertrag vereinbarte umfangreiche Reform des Abstammungs-, Sorge- und Adoptionsrechts angehen. Wie aus am Dienstag in Berlin veröffentlichten Eckpunkten hervorgeht, soll damit Familienformen, die nicht auf der traditionellen Ehe von Mann und Frau fußen, rechtlich Rechnung getragen werden, etwa Patchwork- oder Regenbogenfamilien. Das Familienrecht hinke dieser Realität hinterher, erklärte Buschmann. Vielen werde durch das Familienrecht das Leben unnötig schwer gemacht.
Der Justizminister stellte klar, wobei es auch künftig bleiben wird: Ein Kind soll nur zwei Eltern haben und Mutter des Kindes ist die Frau, die es geboren hat. Es soll künftig aber unter anderem möglich sein, dass ein Kind von lesbischen Partnerinnen zwei rechtliche Mütter hat, wenn es in die Ehe geboren wird oder die Partnerin der Mutter die Mutterschaft anerkennt. Diese Regelung entspricht der bestehenden für den „Normalfall“ von verschiedengeschlechtlichen Paaren, kann nur bislang nicht auf zwei Frauen angewendet werden. Bei ihnen muss die Partnerin das Kind bislang erst adoptieren.
Zudem plant Buschmann, leiblichen Vätern die Anerkennung der Vaterschaft zu erleichtern. Das soll in Konstellationen helfen, in denen die Mutter verheiratet ist, ein anderer Mann aber Vater des Kindes ist. Bislang ist selbst bei Einigkeit aller Beteiligten ein Scheidungsantrag oder ein aufwendiges Gerichtsverfahren notwendig, um den leiblichen Vater auch zum rechtlichen Vater werden zu lassen. Künftig soll dies leichter gehen. Zudem soll die Rechtslage, die in Streitfällen derzeit den Ehemann der Mutter zulasten des leiblichen Vaters bei der Vaterschaftsanerkennung bevorteilt, geändert werden.
Buschmanns Pläne sehen für mehr Rechtssicherheit vor, dass insbesondere in Regenbogen-Familien schon vor der Geburt schriftlich vereinbart wird, wer die rechtlichen Eltern des Kindes werden. So könnten etwa ein lesbisches und schwules Paar, die durch private Samenspende ein Kind zeugen, vereinbaren, dass die leiblichen Eltern auch die rechtlichen Eltern sind. Ebenso könnte die Partnerin der Mutter rechtliches Elternteil werden, indem der leibliche Vater verzichtet.
Die Reform sieht weiter vor, dass sorgerechtliche Befugnisse, die klassischerweise allein bei den Eltern liegen, auf bis zu zwei weitere Personen erweitert werden dürfen, und Adoptionen auch nicht verheirateten Paaren ermöglicht werden. Buschmann plant auch, die Rechte der Kinder zu stärken, indem sie eigene Rechte für den Umgang mit Großeltern und Geschwistern, ein Recht auf Kenntnis der Abstammung sowie Mitbestimmungsbefugnisse in Sorge- und Umgangsrechtsfragen bekommen. Im Sorgerecht soll klargestellt werden, dass ein Familiengericht das sogenannte Wechselmodell, bei dem sich die Eltern nach der Trennung die Betreuungszeit etwa gleich aufteilen, anordnen kann, wenn es dem Kindeswohl entspricht.
Die Eckpunkte müssen von Buschmanns Ministerium noch in einen Gesetzentwurf gegossen werden. Dies soll in der ersten Jahreshälfte geschehen. Danach muss der Bundestag über die Reform beraten.
Der Lesben- und Schwulenverband forderte ein zügiges Verfahren, „damit die verfassungswidrige Diskriminierung von Regenbogenfamilien schnellstmöglich der Vergangenheit angehört“. Er begrüßte die Regelungen grundsätzlich, kritisierte aber, dass der Gesetzentwurf bei trans-, inter- oder nichtbinärer Elternschaft vage bleibe.