Berlin (epd). Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland ist gestiegen. In den ersten zehn Monaten des zu Ende gehenden Jahres wurden bereits mehr Menschen abgeschoben als im gesamten Jahr 2022, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Clara Bünger hervorgeht. Von Januar bis Ende Oktober wurden demnach 13.512 Menschen aus Deutschland abgeschoben, im gesamten Jahr 2022 gab es insgesamt 12.945 Abschiebungen.
Die Antwort der Bundesregierung, über die zuerst die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag) berichtet hatte, liegt dem Evangelischen Pressedienst (epd) vor. Die Länder, in die die meisten Menschen abgeschoben wurden, waren Österreich, Georgien, Nordmazedonien, Moldau und Albanien.
Den Angaben aus dem Bundesinnenministerium zufolge registrierte die Bundespolizei im selben Zeitraum von Januar bis Ende Oktober dieses Jahres 23.872 freiwillige Ausreisen. Die meisten Rückkehrer waren türkische Staatsangehörige, gefolgt von albanischen, mazedonischen und georgischen Staatsbürgern.
Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wird oder die aus anderen Gründen kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben, müssen das Land innerhalb kurzer Zeit verlassen. Die meisten haben allerdings eine Duldung, können also nicht abgeschoben werden. Dafür kann es familiäre, humanitäre oder gesundheitliche Gründe geben. Auch eine ungeklärte Identität oder die Weigerung des Herkunftsstaates, Staatsangehörige zurückzunehmen, stehen einer Abschiebung entgegen.
Die Zahl der ausreisepflichtigen Personen geht derzeit zurück. Den Angaben zufolge waren laut dem Ausländerzentralregister Ende Oktober dieses Jahres 250.749 Personen ausreisepflichtig, von ihnen hatten 201.084 eine Duldung. Im vergangenen August lag die Zahl der Ausreisepflichtigen noch bei rund 262.000. Bünger zufolge könnte der Rückgang auf das seit August dieses Jahres geltende Chancenaufenthaltsrecht zurückgehen, wonach geduldete Personen unter bestimmten Bedingungen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, die zunächst für 18 Monate gilt und dann in ein Bleiberecht umgewandelt werden kann.
In den Jahren der Corona-Pandemie hat es deutlich weniger Abschiebungen gegeben: 2021 waren es nach offiziellen Angaben 11.982 Menschen und 2020 lediglich 10.800 Personen. 2019 sind 22.097 Menschen aus Deutschland abgeschoben worden. Die Zahlen aus diesem und dem vorigen Jahr liegen also unter dem Vor-Corona-Niveau.
Die Bundestagsabgeordnete Bünger kritisierte, dass Abschiebungen zunehmen: „Das bedeutet konkret, dass immer mehr Menschen gegen ihren Willen in Länder zurückgezwungen werden, in denen ihnen Krieg, willkürliche Haft, Folter, extreme Armut oder Perspektivlosigkeit drohen.“ Ihrer Ansicht nach wäre es besser, diesen Menschen den Weg in ein dauerhaftes Bleiberecht zu eröffnen.