Berlin (epd). Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Einigung auf ein neues europäisches Asylsystem als „längst überfällig“ bezeichnet. Zugleich räumte sie ein, dass sich Deutschland in den abschließenden Verhandlungen bei pauschalen Ausnahmen von Kindern und Familien aus den Grenzverfahren nicht habe durchsetzen können. „Zur Wahrheit gehört: Jede Einigung in Brüssel ist auch immer ein Kompromiss“, sagte Baerbock am Mittwoch in Berlin.
In Europa, in dem Freizügigkeit eine der größten Errungenschaften sei, brauche es verlässliche Regeln für Migration und Asyl. Humanität und Ordnung seien dafür die Leitplanken. „Erstmals werden nun die EU-Mitgliedstaaten zu Solidarität verpflichtet. Damit steigen wir endlich in eine europäische Verteilung ein“, sagte Baerbock, denn die unmenschlichen Zustände an der EU-Außengrenze dürften „nicht das Gesicht bleiben, das Europa der Welt zeigt“. Deutschland werde bei der Umsetzung des neuen Asylsystems darauf achten, „dass es fair, geordnet und solidarisch zugeht.“
EU-Staaten, Parlament und Kommission hatten am frühen Morgen nach einem Verhandlungsmarathon eine Einigung bei der europäischen Asylreform erreicht. Der Kompromiss gilt als politische Einigung. Rat und Parlament müssen diesem noch formal zustimmen.
Ein zentrales Element der Reform ist, dass ankommende Asylbewerber mit geringer Bleibechance schneller und direkt von der EU-Außengrenze abgeschoben werden sollen. Dahinter stehen die sogenannten Grenzverfahren. Haben Menschen eine Staatsangehörigkeit, deren Anerkennungsquote für Asyl bei unter 20 Prozent liegt, sollen sie an der Grenze festgehalten werden. Ihr Anspruch auf Asyl soll dann direkt vor Ort und innerhalb von zwölf Wochen in einem Schnellverfahren geprüft werden.