Rom (epd). Im Prozess um ein verlustreiches Immobiliengeschäft in London ist Kardinal Angelo Becciu wegen Betrugs und Unterschlagung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Das gab der Strafgerichtshof des Vatikans am Samstagnachmittag bekannt. Zusätzlich wurde Becciu eine Geldstrafe von 8.000 Euro auferlegt. Die Anwälte des Kardinals kündigten an, gegen das Urteil Berufung einzulegen.
Der 75-jährige Becciu, der am Samstag nicht vor Gericht anwesend war, ist der erste Kardinal der Kirchengeschichte, der in einem Strafprozess im Vatikanstaat verurteilt wurde. Im Prozess, der im Juli 2021 begonnen hatte und 86 Verhandlungstage umfasse,e hatte Staatsanwalt Alessandro Diddi für Becciu eine Haftstrafe von sieben Jahren und drei Monaten und eine Geldstrafe von rund 10.000 Euro gefordert. „Wir respektieren das Urteil, werden aber mit Sicherheit Berufung dagegen einlegen“, sagte Fabio Vaglione, der Anwalt Beccius direkt nach der Urteilsverkündung. Der Kardinal sei unschuldig.
Laut dem Urteil ist Becciu der Hauptverantwortliche für den verlustreichen Immobiliendeal. Der Sarde war von 2011 bis 2018, als das besagte Geschäft getätigt wurde, Substitut im Staatssekretariat, das ist dort die zweithöchste Position. Mit dem Kardinal waren neun weitere Personen angeklagt. Die meisten von ihnen wurden ebenfalls für schuldig befunden, wenn auch nicht in allen Anklagepunkten.
Zwischen 2014 und 2018 hatte das vatikanische Staatssekretariat die Luxusimmobilie im Londoner Stadtteil Chelsea als Anlageobjekt gekauft, für einen dreistelligen Millionenbetrag. Später wurde die Immobile mit hohen Verlusten wieder verkauft. Der Schaden für die Vatikanbank soll zwischen 139 Millionen und 189 Millionen Euro liegen.
Zu den Verurteilten zählt auch die sardische Managerin Cecilia Marogna. Sie hatte zwischen Dezember 2018 und Juli 2019 von Becciu mehr als 500.000 Euro erhalten, um diese zur Befreiung einer von Dschihadisten in Mali entführten Nonne einzusetzen. Die Bekannte des Kardinals soll das Geld aber für persönliche Ausgaben verwendet haben. Becciu soll außerdem mit Zahlungen des Staatssekretariats an Sozialorganisationen in seiner Heimat Sardinien Verwandte begünstigt haben.