Weltanschauungsexpertin: Raunächte haben für viele Symbolkraft

Weltanschauungsexpertin: Raunächte haben für viele Symbolkraft
14.12.2023
epd
epd-Gespräch: Karen Miether

Hannover, Berlin (epd). Die sogenannten Raunächte zwischen Weihnachten und dem 6. Januar haben nach Beobachtungen der Weltanschauungsexpertin Claudia Jetter auch heute noch für viele Menschen eine hohe Symbolkraft. „Ob mit der Sonnenwende und länger werdenden Tagen, Weihnachten oder Silvester als Beginn des neuen Jahres, für viele steht diese Zeit für einen Neubeginn und neues Leben“, sagte die Religionshistorikerin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Darum eignet sie sich gut für Rituale, ganz egal, ob man christlich geprägt ist oder säkular.“

Um die Raunächte oder auch „heiligen Nächte“, die nach anderer Rechnung bereits mit der Wintersonnenwende am 21. Dezember beginnen, ranken sich Weissagungen, Bräuche und Rituale, die teilweise viele Jahrhunderte alt sind. Während immer weniger Menschen bereit seien, sich dauerhaft in religiösen Gemeinschaften zu binden, gebe es nach wie vor ein Bedürfnis nach Ritualen insbesondere zu solchen Daten, erklärte die Referentin der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin.

Es gebe Angebote aus ganz verschiedenen Richtungen: „Klassisch esoterisch ist zum Beispiel das Kartenlegen, um in das neue Jahr zu schauen. Neuheidnische Gruppen wie Hexen arbeiten viel mit Räucherwerk.“ Während in alten Zeiten zum Beispiel Ställe ausgeräuchert worden seien, um Dämonen zu vertreiben, werde dem Räuchern heute vielfach eine andere Bedeutung gegeben, sagte Jetter. So gebe es zum Beispiel spezielle Raunächte-Sets zu kaufen, mit zwölf verschiedenen Räuchermischungen - für jede Raunacht eine. „Einige sind symbolisch mit Reinigung verbunden, andere damit, sich für das neue Jahr etwas zu wünschen.“

Auch in den sozialen Medien wie auf Instagram spiegle sich der Trend. Die Astrologie greife das Thema ebenso auf wie spirituelle Coaches, die sich oft nicht weltanschaulich verorteten. Insgesamt gebe es eine hohe Bereitschaft, sich eine Zeit lang zu bestimmten Events spirituellen Praktiken zuzuwenden. „Da passt ein solches Datum gut herein“, sagte Jetter. „Es ist ein Moment im Jahr, an dem ich mir Zeit nehme für mich, um zu reflektieren. Dabei geht um eine Art von Psychohygiene, eine Innenschau für einen bestimmten Zeitraum, um sich neu zu sortieren.“

Auch manche Kirchengemeinde mache Angebote zu den Raunächten. Bekannt sei ein Buch des 2016 verstorbenen Theologen Jörg Zink, der in zwölf Meditationen die Raunächte mit der christlichen Weihnachtsbotschaft verbinde.