Studie: Bundesbürger sorgen sich um Zusammenhalt bei Klimawende

Studie: Bundesbürger sorgen sich um Zusammenhalt bei Klimawende
Breite Zustimmung für Klimaschutz - Sorgen über Belastungen
Nach wie vor steht die Mehrheit der Deutschen hinter dem Klimaschutz. Doch dessen Umsetzung wird laut einer neuen Studie zunehmend skeptisch betrachtet: Viele sorgen sich um den sozialen Zusammenhalt und fürchten um Wohlstand und Arbeitsplätze.

Gütersloh (epd). Der Klimaschutz hat laut einer aktuellen Studie bei den Deutschen zwar einen breiten Rückhalt. Allerdings sieht mehr als jeder zweite Bundesbürger (55 Prozent) durch die Energie- und die Verkehrswende den sozialen Zusammenhalt in Gefahr, erklärte die Bertelsmann-Stiftung am Donnerstag in Gütersloh bei der Vorstellung ihrer Untersuchung. Fast 70 Prozent der Befragten befürworteten den Wechsel zu erneuerbaren Energien und 56 Prozent die Verkehrswende. Drei von vier Menschen bewerteten die Verwirklichung der Energiewende jedoch als teuer.

Nur rund 20 Prozent der Bevölkerung empfinden den Angaben zufolge die Art der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen als „gerecht“. Als ungerecht wird den Angaben zufolge vor allem die Verteilung von Kosten und Nutzen zwischen Gut- und Geringverdienenden wahrgenommen - 57 Prozent sagen dies in Bezug auf die Energiewende und 59 Prozent im Blick auf verkehrspolitische Maßnahmen. An zweiter Stelle werden bei der Energiepolitik Ungerechtigkeiten zwischen Unternehmen und Verbrauchern (51 Prozent) beklagt, bei der Verkehrswende zwischen Stadt- und Landbevölkerung (53 Prozent).

Knapp 40 Prozent der Deutschen befürchten laut der Umfrage aufgrund der Energie- und Verkehrswende eine Gefährdung des Wohlstands und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands. Diese Gruppe sei 2023 im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozentpunkte gewachsen, hieß es. Im Mittelpunkt stehe dabei die Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen: Rund ein Viertel der Bürger befürchtet dies bei einem fortschreitenden Verzicht auf fossile Energieträger.

Bei der Verkehrswende rechnen sogar 40 Prozent mit einem Beschäftigungsabbau - allerdings mit starken regionalen Unterschieden. Demnach war die Sorge, dass die Transformation in diesem Sektor mehr Arbeitsplätze vernichte als neu schaffe, in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern mit 55,6 und 53,8 Prozent besonders groß. Aber auch im Saarland, in Sachsen, Thüringen und Rheinland-Pfalz äußerten rund die Hälfte der Befragten diese Befürchtung. Die geringste Skepsis gab es in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen (jeweils rund 32 Prozent) sowie in Nordrhein-Westfalen mit 35,7 Prozent.

Dass sich die Bürgerinnen und Bürger Sorgen machten, bedeutet nach Ansicht der Bertelsmann-Expertin Sara Holzmann „keinesfalls, dass sie Maßnahmen gegen den Klimawandel ablehnen“. Nachbesserungsbedarf gebe es jedoch bei der Gestaltung und Kommunikation von klimapolitischen Maßnahmen durch die Politik. Damit die Klimapolitik akzeptiert werde, müssten die Sorgen der Menschen ernst genommen werden, sagte die Ökonomin.

Rund drei Viertel der Deutschen hält die Energiewende für teuer, hieß es weiter. Diese Einschätzung hat laut der Mitteilung vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und der Energiekrise noch zugenommen. 45 Prozent gingen davon aus, dass die Preise für Strom und Wärme durch die Energiewende nicht sinken werden. Ebenso glaube die Hälfte nicht, dass die Mobilität günstiger werde. Es sei daher „weder eine gute Idee, Klimaschutz ohne sozialen Ausgleich zu machen, noch zugunsten des gesellschaftlichen Zusammenhalts auf Klimaschutz zu verzichten“, erklärte Holzmann.

Die Studie ist nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit - Helmholtz-Zentrum Potsdam entstanden. Dabei wurden repräsentative Daten aus dem Sozialen Nachhaltigkeitsbarometer der Energie- und Verkehrswende von 2023 genutzt. Für das Nachhaltigkeitsbarometer werden jährlich 6.500 Menschen online befragt.