Erfurt (epd). Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, kritisiert den Umgang der Bundesregierung mit islamistischen Gruppen in Deutschland. Durch einen weitgehenden Verzicht auf Exekutivmaßnahmen gegenüber diesen Organisationen seien Rückzugräume entstanden, sagte Kramer dem Berliner Büro des Internetportals Web.de (Donnerstag). Er verstehe nicht, warum etwa die als Terrororganisation eingestufte Hamas nicht schon vor dem Massaker an der israelischen Bevölkerung am 7. Oktober verboten worden sei.
Es scheine ein unausgesprochenes Arrangement eines Appeasements gegeben zu haben. „Wir tun euch nichts, dann tut ihr uns nichts“, sagte der Verfassungsschützer. Die Bundesrepublik sei dadurch zu einem mutmaßlichen Erholungsgebiet für diese Gruppen geworden. Dabei habe es eine wirkliche Garantie für Ruhe nie gegeben.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte unter dem Eindruck des Angriffs am 7. Oktober ein Betätigungsverbot der Terrororganisation sowie der Gruppe Samidoun angekündigt, das drei Wochen später durch das Bundesinnenministerium erfolgte. „Verbote setzt man um und kündigt sie nicht an“, bemängelt Kramer. Als politisches Zeichen könne er die Ankündigung allerdings nachvollziehen.
Positiv bewertet Kramer dagegen das Verbot des Slogans "From the river to the sea, Palestine will be free”, das manche Kritiker für von der Meinungsfreiheit gedeckt halten. Der Satz spreche Israel eindeutig das Existenzrecht ab. Wenn aber das deutsche Eintreten für das Existenzrecht Israels unbedingt gelte, dann könne solch ein Satz auf Demonstrationen nicht als Meinungsfreiheit gelten.