Ökonom Südekum: Diskussion um Bürgergeld-Kürzung ist "Scheindebatte"

Ökonom Südekum: Diskussion um Bürgergeld-Kürzung ist "Scheindebatte"

Düsseldorf (epd). Der Ökonom Jens Südekum hat den Vorschlag kritisiert, Sozialleistungen wie das Bürgergeld zu kürzen, um die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes entstandene Milliarden-Lücke im Bundeshaushalt zu stopfen. „Ich glaube, wir erleben da tatsächlich ein Stück weit eine Scheindebatte“, sagte der Professor für internationale Volkswirtschaftslehre von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf am Mittwoch der Radiowelle WDR 5. Über kurzfristige Sparmaßnahmen, gerade im Sozialbereich, werde man das Geld nicht zusammenbekommen.

Mit „Sozialkürzungen bei den Schwächsten“ zu reagieren, sei nicht nur ungerecht, mahnte Südekum. Er befürchte, dass so ein Schritt Deutschland auch in die Rezession zurückwerfen könnte. „Und das kann niemand wollen.“ Der Ökonom sprach sich für eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse aus.

Das Verfassungsgericht hatte vergangene Woche den Nachtragshaushalt 2021 für nichtig erklärt. Die für Corona-Maßnahmen vorgesehenen, aber nicht benötigten Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro dürfen demnach nicht über den Klima- und Transformationsfonds (KTF) für künftige Haushaltsjahre verwendet werden. Der Ökonom betonte, auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) werde von dieser Entscheidung betroffen sein. Auch dieser wurde in der Corona-Krise aufgelegt, mittlerweile werden damit aber auch Folgen der Energiekrise abgefedert. Insgesamt würden damit im Haushalt deutlich mehr als 60 Milliarden Euro fehlen, sagte Südekum.

Als Ausweg schlug der Ökonom vor, für 2023 nachträglich eine sogenannte Haushaltsnotlage festzustellen. So könnten zumindest die Mittel aus dem WSF zunächst abgesichert werden. Zudem sprach er sich für eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse im Grundgesetz aus, um die notwendigen Mittel für Herausforderungen wie die Erreichung der Klimaziele zu sichern. Der Ökonom war am Dienstag Teil einer virtuellen Anhörung im Bundestag zu dem Thema.