Frankfurt a.M., Khartum (epd). Die Kämpfe im Sudan drohen sich laut dem Landesdirektor der Welthungerhilfe zu einem großflächigen Bürgerkrieg auszuweiten. „Wenn man sieht, wie sich der Konflikt seit April entwickelt hat, gibt es klare Hinweise auf eine landesweite Eskalation“, sagte Hashim Bilal dem Evangelischen Pressedienst (epd). Um dies zu verhindern, müsse sich die internationale Gemeinschaft stärker einmischen, forderte Bilal. Die humanitäre Lage verschlechtere sich stetig.
Der Machtkampf zwischen der Armee und den paramilitärischen RSF („Rapid Support Forces“), der Mitte April in Khartum in Gewalt eskalierte, hat sich bereits auf viele Regionen ausgebreitet. Besonders stark betroffen ist Darfur im Westen des Landes, das schon seit Jahrzehnten von ethnischer Gewalt geprägt ist. In der Region stellten sich vor wenigen Tagen bewaffnete Rebellen an die Seite der Armee. Heftige Bewegungen der Truppen in den betroffenen Gebieten und neu eingerichtete Ausbildungscamps deuten laut Bilal auf eine Ausweitung des Konflikts hin. Mehr als die Hälfte des Landes sei bereits betroffen.
Internationale diplomatische Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts blieben bisher erfolglos. Die gescheiterten Friedensverhandlungen sind laut Bilal ebenfalls ein Zeichen für eine drohende Ausweitung des Krieges auf die friedlichen Teile des Landes. Nur erfolgreiche Friedensgespräche könnten einen nationalen Bürgerkrieg verhindern. „Für eine baldige Lösung braucht es große Anstrengungen von politischen Parteien, den internationalen Medien, der Gebergemeinschaft und der Zivilbevölkerung“, betonte Bilal.
Aus der Hauptkonfliktregion Darfur dringen immer wieder Berichte über brutale Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung nach außen. Mehr als sieben Millionen Menschen befinden auf der Flucht. Die überwältigende Mehrheit von ihnen sind Frauen und Kinder. Bilal zufolge schwächen die Auswirkungen des Klimawandels die Lage der Menschen zusätzlich. Dürren und Überschwemmungen sorgten für Nahrungsmangel und Ausbrüche von Krankheiten wie Cholera und Dengue-Fieber, sagte der Sudan-Experte. Die Menschen hätten keine Unterkunft, nicht genug zu essen, kein sauberes Wasser, keine Medizin und keine Chance auf Bildung.
Für Hilfsorganisationen werde es vor allem wegen mangelnder Sicherheit für die Mitarbeitenden immer schwieriger, die Menschen zu erreichen, berichtet der Welthungerhilfe-Landeskoordinator. Zudem sei der Transport lebensnotwendiger Güter in die Krisengebiete wegen der Sicherheitslage oftmals eingeschränkt.