Kurschus kritisiert Ton der Asyl-Debatte in Parteien der Mitte

Kurschus kritisiert Ton der Asyl-Debatte in Parteien der Mitte

Ulm (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hat die demokratischen Parteien zu einem gemäßigteren Ton in der Debatte über die Flüchtlingspolitik aufgefordert. Neuerdings werde über die Menschen, um die es geht, in einer Weise geredet, „die mich zutiefst erschüttert“, sagte Kurschus am Sonntag vor der EKD-Synode in Ulm. Das geschehe nicht nur vom rechten Rand, „sondern aus der Mitte unserer Parteienlandschaft heraus“, beklagte die Theologin. Es finde sich zudem auch unter Kirchenmitgliedern.

„In perfider sprachlicher Verdrehung wird aus den Ertrinkenden die Flut gemacht und aus den Schiffbrüchigen die Welle, die angeblich uns überschwemme“, sagte sie. Teils werde erschreckend offen dazu aufgerufen, „wir müssten uns gegen die Not der Geflüchteten immunisieren“, weil der Einsatz für andere auf die Kosten der „eigenen“ Leute gehe. Es werde von „Zahlen“ gesprochen, die „runter müssen“, als ginge es „um eine mittelschwere Matheaufgabe“. „Wer von Migration redet, redet von Menschen“, sagte sie.

Kurschus kritisierte, dass das Wort Migranten „beinahe unisono“ mit den Adjektiven „illegal“ oder „irregulär“ verbunden werde, obwohl die Mehrheit von ihnen einen Schutzstatus erhalte. „Unbedacht oder auch bewusst grob“ sei zudem suggeriert worden, Geflüchtete machten Einheimischen die Gesundheitsvorsorge streitig, sagte die westfälische Präses Kurschus, ohne CDU-Parteichef Friedrich Merz konkret zu nennen, dessen Äußerung zu mutmaßlichen Problemen bei Zahnarztterminen wegen Flüchtlingen für Kritik gesorgt hatte.

Die Ratsvorsitzende betonte erneut, sie lasse sich „Barmherzigkeit nicht ausreden“ und wehrte sich gegen den Vorwurf, die Kirche vertrete in der Flüchtlingspolitik einen naiven Idealismus. Man müsse ernst nehmen, wenn auch Hochengagierten bei der Aufnahme der Menschen Kraft und Mittel ausgingen. „Um ein Missverständnis auszuräumen: Ich bin keineswegs für eine unbegrenzte Zuwanderung, wohl aber gegen die Festlegung einer 'Obergrenze'“, sagte Kurschus. Eine solche wäre weder mit der deutschen Verfassung noch mit EU-Recht vereinbar.