Berlin, Buenos Aires (epd). Kolumbiens Ex-Präsidenten Álvaro Uribe ist wegen der mutmaßlichen Ermordung von Zivilisten im Bürgerkrieg vor der argentinischen Justiz angezeigt worden. Die Klage eingebracht haben zehn Angehörige von Opfern und drei kolumbianische Menschenrechtsorganisationen, wie die spanische Tageszeitung „El País“ am Donnerstag berichtete. Unter der Präsidentschaft Uribes (2002 bis 2010) tötete das Militär Tausende unschuldige Zivilisten und gab diese als Guerilla-Kämpfer aus. Die Kläger fordern die argentinische Justiz auf, den Grundsatz der universellen Zuständigkeit bei Menschenrechtsverbrechen anzuwenden und gegen Uribe zu ermitteln.
Das Sondergericht für die Verbrechen des kolumbianischen Bürgerkriegs (JEP) machte das Militär in einem Bericht 2021 für den Tod von insgesamt 6.402 Zivilisten verantwortlich, die dazu dienen sollten, „Erfolge im Kampf gegen den Terrorismus zu präsentieren“ und Prämien zu erhalten. Meist handelte es sich bei den Opfern um arme Bauern. Ex-Präsident Uribe wird dabei vorgeworfen, von den Verbrechen gewusst und diese verschleiert zu haben.
Kolumbiens Oberste Gericht hat eine Befassung des Falls bislang abgelehnt und an die JEP verwiesen. Mehrere Militärangehörige haben vor der JEP bereits die Verantwortung für außergerichtliche Hinrichtungen übernommen, die in Kolumbien „falsos positivos“ (Falsche Treffer) genannt werden.
Gegen Uribe wird auch wegen seiner Verbindung zu rechten Paramilitärs ermittelt, die Tausende Guerilleros und vermeintliche Anhänger der Guerilla ermordet haben. Der Ex-Präsident stand zeitweilig unter Hausarrest. Ihm wird Manipulation von Zeugen, Korruption und Prozessmissbrauch vorgeworfen.
Die 2016 im Friedensvertrag zwischen Regierung und Farc-Guerilla vereinbarte Aufarbeitung der Gräueltaten der Militärs verläuft schleppend. Kriminelle Banden, paramilitärische Gruppierungen und Rebellen kämpfen in vielen Gebieten um die Vorherrschaft im Drogenhandel. Bei dem seit mehr als 50 Jahren andauernden Bürgerkrieg in Kolumbien zwischen staatlichen Kräften, linken Guerillagruppen und rechten Paramilitärs wurden etwa 300.000 Menschen getötet und sieben Millionen vertrieben.