Frankfurt a.M., Regensburg (epd). Italien hat das Rettungsschiff „Sea-Eye 4“ festgesetzt. Am Montagnachmittag sei der Kapitän informiert worden, dass das Rettungsschiff erneut mit einer Verwaltungshaft von 20 Tagen und einer Geldstrafe von rund 3.000 Euro bestraft werde, teilte die Organisation Sea-Eye am Dienstag in Regensburg mit. Die Besatzung habe die Anweisungen der libyschen Küstenwache nicht befolgt, begründeten die italienischen Behörden demnach die Maßnahme. Die Rettungsorganisation kündigte an, juristisch gegen die Strafe vorzugehen. Es ist die dritte Festsetzung des Schiffes in diesem Jahr.
Laut Sea-Eye forderte die libysche Küstenwache, die zum Großteil aus Milizen besteht, die Crew in internationalen Gewässern unter Androhung von Gewalt dazu auf, das Rettungsgebiet Richtung Norden zu verlassen. Daraufhin habe die Küstenwache ein Schlauchboot mit etwa 50 Geflüchteten derart bedrängt, dass Panik auf dem Boot ausbrach und Menschen ins Wasser stürzten. Mindestens vier Menschen seien gestorben, kritisierte Sea-Eye. „Hätte die 'Sea-Eye 4' das Seegebiet verlassen, wären noch mehr Menschen ums Leben gekommen und niemand hätte von dieser Tragödie erfahren“, erklärte Einsatzleiter Jan Ribbeck.
Sea-Eye werde neben der Klage gegen die Strafe juristisch prüfen lassen, ob die Verzögerungen bei der medizinischen Evakuierung einer von der „Sea-Eye 4“ geretteten, schwangeren Frau justiziabel sei. Die Besatzung hatte am Freitag mehrere Stunden um die Evakuierung der Schwangeren gebeten, weil sie sich in einem lebensgefährlichen Zustand befand. Die Rettungsleitstelle in Rom verwies demnach auf die Zuständigkeit Libyens. Libyen habe auf eine entsprechende Anfrage nicht geantwortet. Erst am Abend wiesen die italienischen Behörden die Crew an, die Insel Lampedusa anzusteuern, wo die Frau am Samstagmorgen von Bord geholt und medizinische versorgt wurde. Die „Sea-Eye 4“ fuhr von dort weiter zu dem ihr zugewiesenen Hafen von Vibo Valentia in Kalabrien.
Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Seit Beginn des Jahres kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bei der Überquerung mindestens 2.467 Menschen ums Leben, oder sie werden vermisst. Die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher.