Antisemitismusforscherin verurteilt Verhalten von Thunberg und Precht

Antisemitismusforscherin verurteilt Verhalten von Thunberg und Precht

Augsburg (epd). Die Antisemitismusforscherin Juliane Wetzel hat die Aussagen und das Verhalten der Klimaaktivistin Greta Thunberg und des Autors Richard David Precht nach den Terror-Angriffen auf Israel scharf kritisiert. „Es geht nicht nur darum, ob jemand selbst wirklich antisemitische Überzeugungen hat, sondern auch, wie die eigenen Aussagen von anderen Menschen verstanden werden“, sagte die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin im Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstag).

Thunberg müsse sich den Vorwurf des Antisemitismus gefallen lassen, nachdem sie Aufrufe von palästinensischen Unterstützergruppen geteilt habe, die Israel das Existenzrecht absprächen, sagte Wetzel. „Wer das Existenzrecht Israels nicht nur infrage stellt, sondern den Staat auslöschen will, ist eindeutig antisemitisch.“ Gleiches gelte, wenn man den Eindruck erwecke, die Israelis würden den Palästinensern dasselbe antun, wie es die Nationalsozialisten den Juden angetan haben. „Wer versucht, israelische Politik mit dem Holocaust gleichzusetzen, überschreitet immer die Grenze zum Antisemitismus“, sagte die Historikerin. Die internationale Abteilung von Thunbergs „Fridays for Future“ hatte Israel einen „Genozid“, also Völkermord, und ein „Apartheid-System“ wie einst in Südafrika vorgeworfen. Wer in der aktuellen Situation von Genozid spreche, würdige auch die Opfer des Holocaust herab, sagte Wetzel.

Auch Richard David Precht lasse im Umgang mit dem Thema jegliche Sensibilität vermissen, sagte die Berliner Wissenschaftlerin, die den beiden Expertenkreisen Antisemitismus des Bundestags angehörte. Seine Entschuldigung, er habe Falsches über orthodoxe Juden in einem ZDF-Podcast „salopp so dahergeredet“, reiche nicht aus. „Ich habe großes Verständnis für die Studierenden der Universität in Lüneburg, wenn sie sagen, sie wollen mit so jemandem nicht mehr zusammenarbeiten“, erklärte Wetzel, nachdem Precht dort nach Protesten seinen Posten als Honorarprofessor niedergelegt hatte.