Frankfurt a.M., Jerusalem (epd). Die gesundheitliche Versorgung von chronisch kranken Palästinensern ist laut der Repräsentantin des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Jerusalem, Sieglinde Weinbrenner, durch die Eskalation der Gewalt in Israel gefährdet. Patienten aus dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland, die in das Ost-Jerusalemer Auguste-Viktoria-Krankenhaus zur Krebsbehandlung müssten, könnten derzeit nicht behandelt werden, sagte Weinbrenner dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Landesrepräsentantin des Lutherischen Weltbund (LWB) in Jerusalem ist. Der LWB betreibt das Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Ost-Jerusalem, das als einzige Klinik Strahlentherapie für fünf Millionen Palästinenser seit 75 Jahren anbietet.
Nach dem Überfall der radikal-islamischen Hamas auf Israel am Samstag können aus dem Gaza-Streifen derzeit gar keine Patienten kommen, sagte Weinbrenner. 44 Patienten aus Gaza hätten in dieser Woche mit Chemo-Therapie behandelt werden sollen, 28 mit Strahlentherapie. In der kommenden Woche seien es insgesamt 36 Patienten aus Gaza, die eine Behandlung benötigten. Zudem befänden sich derzeit 17 Patienten aus Gaza mit ihren Begleitpersonen in Jerusalemer Hotels und könnten nicht zurück, erläuterte Weinbrenner. Eine an Brustkrebs erkrankte Patientin, deren Behandlungszyklus beendet ist, habe in der Nacht erfahren, dass ihr Haus zerstört und sie und ihre Familie obdachlos seien.
Auch aus den Palästinensergebieten im Westjordanland sei es für Patienten schwierig, zum Hospital zu gelangen. Es warteten Busse an den Check-Points im Norden bei Ramallah und im Süden bei Bethlehem, um die Patienten und auch Mitarbeitende des Krankenhauses nach Jerusalem bringen. Doch sei es zum Teil schwierig, die Bus-Haltepunkte zu erreichen, weil es im Westjordanland Straßenblockaden gebe. Zudem hätten viele Angst vor Angriffen jüdischer Siedler, sagte Weinbrenner. Der Angriff der Hamas mache das Leben für die palästinensischen Bewohner Jerusalems nicht einfacher.
Auf beiden Seiten sei die Angst derzeit groß, betonte sie. Auch in Jerusalem seien in den vergangenen Tagen seit Samstag Detonationen von Raketen zu hören gewesen. Es sei sehr still in der Stadt, viele verließen aus Angst vor weiteren Raketenangriffen ihre Häuser nur zum Einkaufen. Die Schulen seien derzeit geschlossen. Die Leidtragenden des militärischen Konflikts zwischen der Hamas und Israel sei die Bevölkerung auf beiden Seiten, sagte Weinbrenner.